Unterstützung allein- und getrennterziehender Eltern und ihrer Kinder

Mutter füttert Kind mit Brei

Der zehnte Familienbericht der Bundesregierung „Unterstützung allein- und getrennterziehender Eltern und ihrer Kinder“ (Januar 2025) ist für das Haus der Familie Puderbach ein Anlass, die Lebenssituation von Allein- und Getrennterziehenden näher zu betrachten und auf deren Herausforderungen und Belastungen aufmerksam zu machen. Die Familienberichte der Bundesregierung, die seit 1968 herausgegeben werden, befassen sich regelmäßig mit der Situation von Familien.

Die alleinige oder geteilte Verantwortung für ein oder mehrere Kinder im Alltag zu tragen, ist eine große Herausforderung. Während einige diese Rolle bewusst wählen, geraten andere ungewollt durch Trennung, Scheidung oder den Verlust des Partners in die Situation, ihre Kinder allein zu erziehen.

Laut Statistischem Bundesamt gibt es in Deutschland 12 Millionen Familien mit Kindern, davon sind 3 Millionen alleinerziehend (Stand: 2. April 2024). Alleinerziehend zu sein, gilt heute als gesellschaftlich normal. Allerdings weisen Alleinerziehende weiterhin das höchste Armutsrisiko aller Familienformen auf. Besonders betroffen davon sind Mütter, die fast 90 % der Alleinerziehenden ausmachen.

Ziele des Familienberichts

Für die unabhängige Sachverständigenkommission, die den 10. Familienbericht zusammengestellt haben, sind folgende Ziele wichtig: Familien in ihrer Vielfalt zu unterstützen und ihre wirtschaftliche sowie soziale Situation zu verbessern. Außerdem die Förderung der ökonomischen Eigenständigkeit von Müttern und Vätern, um finanzielle Abhängigkeiten zu verringern. Gleichzeitig soll die gemeinsame Elternverantwortung gestärkt werden, insbesondere durch familienpolitische Maßnahmen, die eine geteilte Betreuung ermöglichen.

Stärkung von gemeinsamer Elternverantwortung

Alleinerziehende mit Kindern unter 18 Jahren im Haushalt machen 20 % aller Familienformen aus. Dabei ist alleinerziehend nicht gleich alleinerziehend, sondern es gibt eine Vielfalt von Familienkonstellationen. Ein Viertel der Alleinerziehenden hat keinen Kontakt mehr zum anderen Elternteil, während die meisten Kinder einen haupt- und mitbetreuenden Elternteil haben.

Nach einer Trennung oder Scheidung stellt sich für Eltern die zentrale Frage, wie die Betreuung der gemeinsamen Kinder organisiert wird. In Deutschland ist das Residenzmodell weit verbreitet, bei dem die Kinder hauptsächlich bei einem Elternteil leben, während der andere Elternteil aufgrund der getrennten Wohnsituation eine oftmals reduzierte Rolle einnimmt.

Baby schaut Eltern an

© Anna Shvets/Pexels

Auch hier trägt das Elternteil, bei dem das Kind lebt, die Hauptlast an Betreuung und Sorge. Dabei können die gemeinschaftliche Erziehung und Betreuung eines Kindes auch von Elternteilen erbracht werden, die nicht zusammen mit dem Kind in einem Haushalt leben. Wichtig hierbei sind gute Absprachen und ein Wohnort in der Nähe des Kindes.

Das Wechselmodell, bei dem sich beide Eltern die Betreuung gleichberechtigt teilen und das Kind teils bei der Mutter, teils beim Vater lebt, gewinnt an Bedeutung. Jedoch ist das Wechselmodell mit einem höheren finanziellen Aufwand verbunden – in jeder Wohnung ein Kinderzimmer sowie doppelte Kinderausstattungen. Zumeist entscheiden sich Elternteile mit höherem Bildungsgrad für das Wechselmodell.

Gerechte Verteilung der Lasten

Die Stärkung der gemeinsamen Elternverantwortung über die Trennung hinaus bietet viele Vorteile – insbesondere für die Kinder, die so weiterhin eine enge Bindung zu beiden Elternteilen aufrechterhalten können. Im europäischen Vergleich zeigt sich, dass Deutschland, was die geteilte Betreuung angeht, zurückliegt, obwohl in den letzten Jahren ein starker Zuwachs zu verzeichnen ist. Grund dafür sind z.B. die hohen Abbruchraten bei Vater-Kind-Kontakten oder der im Vergleich höhere Prozentsatz an Elternteilen, die keinen Kindesunterhalt bezahlen.

Ein zentrales Thema im Familienbericht ist die wirtschaftliche Situation nach der Trennung. Viele Eltern sorgen sich um finanzielle Einbußen, wenn sie die Betreuung gleichermaßen aufteilen. Das derzeitige Unterhalts- und Sozialrecht ist noch stark am Residenzmodell ausgerichtet, sodass Reformen nötig sind, um eine gerechtere Verteilung der finanziellen Lasten zu ermöglichen. Eine faire Lösung kann dazu beitragen, dass beide Elternteile wirtschaftlich eigenständig bleiben und berufliche Perspektiven nicht durch einseitige Betreuungsverantwortung eingeschränkt werden.

Vater hält Tochter auf Arm

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Darüber hinaus ist es wichtig, zwischen „alleinerziehend“ und „getrennterziehend“ zu unterscheiden. Während Alleinerziehende ohne regelmäßige Unterstützung des anderen Elternteils erziehen, gibt es viele getrennt erziehende Mütter und Väter, die sich aktiv um ihre Kinder kümmern – oft in neuen Partnerschaften oder komplexen Familienkonstellationen. Diese Vielfalt sollte gesellschaftlich anerkannt werden, ohne einzelne Familienformen zu benachteiligen.

Herausforderungen und Belastungen

Alleinerziehende stehen in Deutschland vor besonderen Herausforderungen, die sie in vielerlei Hinsicht sozial und wirtschaftlich benachteiligen. Die überwiegende oder ganz alleinige Betreuung, Versorgung und Pflege eines Kindes treffen auf die Notwendigkeit, das Kind und sich selbst finanziell abzusichern.

Doch für viele Mütter bleibt aufgrund der Betreuungssituation in Kita oder in der Schule nur die Möglichkeit, eine Teilzeitstelle anzunehmen. Dies führt aber zu weniger Einnahmen und langfristig, in Richtung Rente gesehen, zu geringeren Beitragszahlungen in die Rentenkasse. Dazu kommt, dass viele Arbeitsgeberinnen und Arbeitgeber nur bedingt bereit sind, flexible Arbeitszeiten oder alternative Arbeitszeitmodelle anzubieten. Hinzu kommen die gestiegenen Wohnkosten: Alleinerziehende, die oft mit einem einzigen Einkommen auskommen müssen, sind von der angespannten Wohnsituation besonders betroffen.

Finanzielle Sorgen und gesundheitliche Folgen

Die Einkommensarmut von Alleinerziehenden laut Statistischem Bundesamt (25,5 %/2022) in Deutschland fast doppelt so hoch wie beim Durchschnitt aller Personen (13,6 %/2022). Darunter sind besonders alleinlebende Frauen mit Kindern im Alter von 0-2 Jahren armutsgefährdet. Dies liegt auch daran, dass zwar der überwiegende Teil der Alleinerziehenden erwerbstätig ist, jedoch das Erwerbseinkommen im Durchschnitt deutlich unter dem Erwerbseinkommen einer Familie mit Kindern liegt. 2021 verdienten ein Drittel der Alleinerziehenden unter 16.300 Euro im Jahr.

Frau mit Kind im Supermarkt

© Greta Hoffmann/Pexels

Um finanzielle Engpässe zu überbrücken, nehmen viele Alleinerziehende staatliche Leistungen wie Bürgergeld, Wohngeld oder den Kinderzuschlag in Anspruch. Doch trotz finanzieller Unterstützung bleibt die ökonomische Lage schwierig - insbesondere, weil alleinerziehende Eltern allein für die Kinderbetreuung zuständig sind und daher nur eingeschränkt erwerbstätig sein können.

Die besondere Belastung wirkt sich auch gesundheitlich aus: Alleinerziehende sind deutlich häufiger von gesundheitlichen und psychischen Beeinträchtigungen betroffen als Eltern in Paarhaushalten. Die ständige Gratwanderung zwischen finanzieller Existenzsicherung, Kinderbetreuung und Zeitmangel hinterlässt Spuren, sowohl körperlich als auch seelisch.

Besonders benachteiligt sind alleinerziehende Mütter mit Migrationshintergrund. Sie sind nicht nur von den finanziellen und strukturellen Problemen betroffen, sondern kämpfen mitunter zusätzlich mit den Folgen familiärer Trennung, traumatischen Flucht- und Kriegserfahrungen sowie psychischen Belastungen.

Was brauchen Allein- und Getrennterziehende?

  • Förderung der finanziellen Eigenständigkeit von Müttern und Vätern
  • Faire Berechnung der Regelbedarfe
  • Einführung einer Kindergrundsicherung
  • Anpassung des Betrags für Bildung und Teilhabe (BuT)
  • Einfachere Antragsverfahren und weniger Bürokratie
  • Gesetzliche Reformen zur fairen Regelung des Kindesunterhalts für alle Betreuungsformen
  • Stärkung der gemeinsamen Elternverantwortung
  • Ausbau von Beratungsangeboten
  • Gutscheinmodell für haushaltsnahe Dienstleistungen
  • Ausbau von Ferienangeboten zur Entlastung berufstätiger Eltern und zur Vermeidung sozialer Ausgrenzung
  • Ausbau des Gewaltschutzes und mehr Frauenhäuser für Betroffene häuslicher Gewalt
  • Förderung von bezahlbarem Wohnraum
  • Stärkung der Frühen Hilfen zur gesundheitlichen Unterstützung von Familien

 

Was Allein- und Getrennterziehende brauchen

Um inflexible Arbeitsmarktstrukturen aufzubrechen, braucht es wandelbare Teilzeitmodelle, familienfreundliche Schichtpläne und alternative Organisationsformen von Arbeit, wie Gleitzeit, Homeoffice oder Job-Sharing. Die Möglichkeit einer Teilzeitausbildung könnte es gerade jungen Alleinerziehenden, die noch keine Ausbildung gemacht haben, ermöglichen einen Job zu erlernen.

Neben flexiblen Arbeitszeitmodellen ist ein ausreichendes Betreuungsangebot durch Kindertagesstätten und Schulen wichtig. Trotz des Ausbaus der Betreuungsplätze für Kinder unter 3 Jahren zeigt sich, dass es nach wie vor einen hohen Bedarf danach gibt. Ob alleinerziehend, getrennterziehend oder als Paarfamilie mit Kindern – die Betreuung der Kinder besteht zumeist aus einer Kombination von Kita und Verwandten oder Freunden, die den benötigten Betreuungsbedarf abdecken.

Ausbau der Betreuungsmöglichkeiten

In Rheinland-Pfalz gilt in vielen Kindertagesstätten der Status des Alleinerziehens, neben dem Alter des Kindes und der Erwerbstätigkeit, als Vergabekriterium für einen Betreuungsplatz. Ab dem Schuljahr 2026/2027 greift zudem das Ganztagsförderungsgesetz beginnend mit der Klassenstufe 1: Jedes Kind hat ab dem Schuleintritt bis zum Beginn der Klassenstufe 5 einen Anspruch auf eine ganztägige Förderung. Der Rechtsanspruch umfasst eine Betreuung in der Grundschule von acht Stunden an allen fünf Werktagen.

Links:

Verband alleinerziehende Mütter und Väter e.V. (VAMV)
Bundesministerium für Frauen, Senioren, Familie und Jugend
Familienportal des Bundes
Das Projekt "STARK Streit und Trennung meistern - Alltagshilfe, Rat & Konfliktlösung" (www.stark-familie.info) hilft Familien, die von Streit und Trennung betroffen sind.

Quelle: Zehnter Familienbericht des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend "Unterstützung allein- und getrennterziehender Eltern und ihrer Kinder - Bestandsaufnahme und Handlungsempfehlungen" (15. Januar 2025).

 

 


Titelfoto von Tanaphong Toochinda auf Unsplash