Was Paare stark macht

Zwei Finger nebeneinander mit Gesichtern und aufgemalten rotem Herz vor rotem Hintergrund

Was hält Paare zusammen, was macht sie stark – auch wenn es mal schwierig wird? Es sind nicht perfekte Harmonie oder konfliktfreie Tage, sondern ehrliche Kommunikation, gegenseitiger Respekt und das Gefühl, ein Team zu sein. Denn starke Beziehungen wachsen an ihren Herausforderungen. Dazu braucht es neben Verständnis und Vertrauen sowohl den Willen, sich auf den Partner einzulassen, als auch den Mut, gemeinsam neue Wege zu gehen.

Miteinander sprechen

Mangelnde Kommunikation untereinander oder gegenseitige Schuldzuweisungen gehören zu den Hauptursachen, wenn es in einer Beziehung nicht rund läuft. Während eines Gesprächs oder eines Streits kommt es sehr schnell zu Missverständnissen. Das Gesagte wird nicht so aufgenommen, wie es gemeint war. Unbedachtes rutscht raus oder beide Partner werfen sich gegenseitig Anschuldigungen an den Kopf. Auf Klagen und Kritik folgen Rechtfertigungen oder das große Schweigen.

Eines sollte klar sein: Glückliche Beziehungen sind keine Beziehungen, in denen es nie Streit gibt, sondern Beziehungen, in denen sich die beiden Partner auf Augenhöhe begegnen und bereit sind, sich auf den Partner einzulassen und dem Gegenüber zuzuhören. Zwei Partner, die sich nach einem Streit zusammensetzen, um gemeinsam eine Lösung für ein Problem zu finden.

Gespräche führen, um die Beziehung zu stärken

Regelmäßige Gespräche in der Partnerschaft klären Missverständnisse auf und festigen die partnerschaftliche Vertrauensbasis. Über unsere Gefühle und Bedürfnisse zu sprechen, ist nicht einfach. Schließlich zeigen wir die eigene Verletzlichkeit und geben einen Teil unserer Selbst preis. Um die Beziehung zu stärken und auf ein solides Fundament zu stellen, schlagen die Psychologen John M. und Julie Schwartz Gottmann fest geplante Gespräche vor. Die zu bestimmten Themen geführten Gespräche, z.B. zum Umgang mit Konflikten, zu Sex und Intimität, zu Bedürfnissen und Träumen, ermöglichen ein tieferes Verständnis der Partner zueinander.

Mögliche Gesprächsthemen:

Familie: Darüber sprechen, was Familie für einen bedeutet. Ob man Kinder haben möchte oder nicht. Welche Vorstellung von Erziehung hat mein Partner, welche ich?

Über die Kinder nicht die Partnerschaft vergessen, denn eine gute Partnerschaft ist das Beste für das Kind.

Arbeit und Geld: Wer ist sparsam? Wer gibt gerne Geld aus? Wie sind die eigenen Eltern mit Geld umgegangen? Welche Einstellung hatten sie gegenüber Arbeit? Was bedeutet Geld und Arbeit für einen? Wie sieht eine gute Balance von Beziehung und Arbeit aus?

Eine gute Balance zwischen Beziehung und Arbeit finden. Über der Arbeit nicht den Partner vergessen.

Sex und Intimität: Über sexuelle Wünsche offen sprechen. Wie wurde in der Familie mit dem Thema Sex und Intimität umgegangen?

Das Sprechen über Sex wird mit der Zeit und je öfters darüber gesprochen wird, unbefangener.

Spaß und Abenteuerlust: Welche Aktivitäten macht man als Paar zusammen? Wer ist risikofreudig? Wer ist vorsichtiger? Gibt es etwas, was beide Partner gerne einmal ausprobieren möchten?

Sich aus der Komfortzone wagen und neue Erfahrungen gemeinsam als Paar machen.

Träume: Sind eigene Träume und Bedürfnisse während der Beziehung in den Hintergrund geraten? Gibt es gemeinsame Träume?

Träume, die in den Hintergrund gestellt werden, können als Konflikt in der Beziehung wieder hochkommen.

Aus: John M. Gottmann/Julie Schwartz Gottmann: "Acht Gespräche, die jedes Paar führen sollte."

Ob man nun ein Gespräch zu einem bestimmten Thema führt oder eine Meinungsverschiedenheit angesprochen werden soll, einige Gesprächsregeln sollten eingehalten werden. Das Gespräch sollte ohne Störung stattfinden, damit sich beide Partner aufeinander konzentrieren können. Beim offenen Umgang miteinander ist nicht das Reden die größte Schwierigkeit, sondern das Zuhören. Aktives Zuhören bedeutet, den Partner immer aussprechen zu lassen, den Blickkontakt zu halten, nicht zu unterbrechen und echtes Interesse zu zeigen.

Paar Blickkontakt

© August de Richelieu/Pexels

Wer spricht, benennt seine Gefühle und beschreibt die eigene Sichtweise. Wer zuhört, gibt kein Feedback und lässt den anderen ausreden, bevor die eigene Sichtweise beschrieben wird. Verurteilungen, Besserwisserei oder Sticheleien sollten vermieden werden. Ebenso die altbekannten Du-Sätze begleitet von „nie“ oder „immer“: „DU bringst NIE den Müll raus.“

Ich-Botschaften

Mit Ich-Botschaften lassen sich die eigenen Emotionen und Bedürfnisse ausdrücken: „Ich bin wütend, weil ich sehr oft den Müll rausbringen muss. Ich wünsche mir von dir, dass wir uns die Arbeiten im Haushalt teilen. Dazu gehört auch das Rausbringen des Mülls.“ Wenn etwas unklar ist, nachfragen und es sich nochmal erklären lassen. Es kann auch helfen, das Gesagte des Partners selbst zu wiederholen, um Missverständnissen vorzugreifen.

Krisen als Chance sehen

Erfüllende Beziehungen entstehen dadurch, dass man gemeinsam Krisen und Schwierigkeiten meistert. Schwierige Phasen gibt es in einer Beziehung immer. Paare durchlaufen zusammen eine Vielzahl von Übergängen: die erste gemeinsame Wohnung, Heirat, Elternschaft, persönliche oder berufliche Veränderungen. Besonders in Zeiten der Veränderung sind Paare anfällig für Krisen. Aber Krisen sind auch eine Chance auf Neues.

Achtsames Streiten in der Partnerschaft

  1. Der Ton macht die Musik - nicht aggressiv oder beleidigend werden.
  2. Ich-Botschaften benutzen: Dabei Gefühle und Bedürfnisse äußern.
  3. Beim Thema bleiben. Keine Nebenschauplätze eröffnen.
  4. Das Gegenüber ausreden lassen und aktiv zuhören.
  5. Eigene Schwächen und Fehler zugeben. Wenn es angebracht ist, sich entschuldigen.
  6. Versuchen das Gegenüber zu verstehen. Ein Perspektivwechsel hilft eine Sache aus einer anderen Sicht zu sehen.
  7. Ehrlich und wertschätzend bleiben.
  8. Falls die Emotionen hoch kochen, das Streitgespräch verschieben. So bleibt Zeit, wieder einen kühlen Kopf zu bekommen.

Aus: Monika A. Pohl: "Zweisamkeit. Achtsam und verbunden als Paar."

Ideal vs. Realität

Groß ist der Wunsch nach dem Partner als ideale Ergänzung. Der Paartherapeut Eric Hegemann spricht auch von der „Disneyfizierung der Liebe“. Die Kinoleinwand präsentiert uns die perfekte Zweisamkeit, die es in der Realität so nicht gibt. Mit dieser Sichtweise kann der Partner im Vergleich nur verlieren. Den Partner so zu akzeptieren, wie er ist, mit all seinen Stärken und Schwächen, heißt auch die eigenen Erwartungen zu hinterfragen und anzupassen.

„Beziehungspflege“

Wenn die Phase der Verliebtheit nachlässt und der Alltag in die Beziehung einzieht, zeigt sich, Liebe allein nicht ausreicht, um eine Partnerschaft am Leben zu halten. Wie eine Pflanze, die Wasser, Luft und guten Boden zum Gedeihen braucht, benötigt auch die Beziehung Nähe, Zweisamkeit und Verständnis. So umschreibt der Paartherapeut Guy Bodemann die „Beziehungspflege“. Das Wahrnehmen der eigenen sowie der Bedürfnisse des Partners lassen die Pflanze aufblühen. Wird sie vernachlässigt, werden die Blätter welk und sie verkümmert nach und nach.

Paar zeigt Herz mit Händen

© Juan Mendez/Pexels

 

 

Zu den Gartenwerkzeugen der „Beziehungspflege“ gehören bestimmte Kompetenzen: Wie spricht man Konflikte an? Wie werden heikle Themen diskutiert? Achte ich auf meine eigenen Bedürfnisse? Gehe ich auf die Bedürfnisse meines Partners ein? Welche Erwartungen oder Ansprüche habe ich?

„Ewige Probleme“ akzeptieren lernen

Nicht jedes Problem, das zu einer Meinungsverschiedenheit führt, hat eine Lösung. Der Pyschologe John M. Gottmann nennt diese Probleme, bei denen sich immer wieder ein Streit entzündet „ewige Probleme“. Es ist besser, diese Streitpunkte als gegeben anzunehmen und damit umzugehen zu lernen. Das Akzeptieren der „ewigen Probleme“ bringt dem Paar mehr, als sich weiter in der Streitspirale zu drehen. „Ewige Probleme“ können die Ordentlichkeit, die Pünktlichkeit oder die Emotionalität des Partners sein.

Zeit für die Partnerschaft

Eine Partnerschaft braucht gemeinsame Räume und Zeiten, in denen sie wertgeschätzt wird. Im Alltag Zeit für die Zweisamkeit zu finden, ist nicht leicht. Gemeinsame Hobbys und Interessen schaffen Bindung und stärken den Zusammenhalt. Paare, die einen stressigen Familienalltag haben, kann ein fester Termin helfen, um Zeit für die Partnerschaft zu schaffen.

Kleine Gesten im Alltag

Ein Abend in der Woche, an dem ein Babysitter auf das Kind aufpasst, damit zu zweit etwas unternommen werden kann. Oder gemeinsam neue Dinge ausprobiert werden. Im Alltag erhalten kleine Gesten die Liebe: Der Notizzettel mit Herz am Kühlschrank, der Kuss oder die Umarmung, bevor man das Haus verlässt. Kleine Gesten schaffen Vertrauen und Verlässlichkeit.

Literatur:

Bodenmann, Guy: Bevor der Stress uns scheidet. Resilienz in der Partnerschaft. Huber, 2015.
Bernhardt, Daniela: Raus aus dem Beziehungs-Burnout. Ariston, 2012.
Gottmann, John M. und Julie Schwartz Gottmann: Acht Gespräche, die jedes Paar führen sollte...damit die Liebe lebendig bleibt. Ullstein, 2022.
Hansen, Hartwig: Respekt - Der Schlüssel zur Partnerschaft. Klett-Cotta, 2008.
Juul, Jesper: Liebende bleiben. Familie braucht Eltern, die mehr an sich denken. Beltz, 2017.
Heisig, Marascha Daniela: Trotz allem: Liebe. Wie Paaren Versöhnung gelingt. Patmos, 2016.
Jellouschek, Hans: Wie Partnerschaft gelingt - Spielregeln der Liebe. Herder, 1998.
Luerweg, Frank: "Sind die anderen glücklicher? Streiten nur wir so viel? Passen wir noch zusammen? Warum Zweifel in der Beziehung normal sind und wie wir Klarheit gewinnen", in: Psychologie heute, 11/2024, S.12-21.
Mary, Michael: Die Beziehungstrickkiste. GU 2013.
Pohl, Monika A.: Zweisamkeit. Achtsam und verbunden als Paar. Trias, 2018.
Reisch, Elisabeth u. Eberhard Bojanowski: Beziehungsglück. Die Kraft der Großzügigkeit. Klett-Cotta, 2010.

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