Kinder haben Rechte

Es ist fast nicht zu glauben, aber leider wahr: Nur 16 Prozent aller Kinder in Deutschland kennen die Kinderrechte. Um für sich selbst und andere Kinder einzutreten, sollte man über seine Rechte informiert sein. Die 1989 von den Vereinten Nationen verabschiedete Kinderrechtskonvention ist 1992 in Deutschland in Kraft getreten. Darin wird ausgeführt, was Kinder für ein menschenwürdiges Leben brauchen.

Leider werden die Interessen von Kindern nicht bei allen Entscheidungen des Staates, die auch Kinder betreffen, genügend berücksichtigt.  Wenn es um Dinge geht, die Kinder betreffen, sollten Erwachsene auf sie hören und sie fragen, was sie denken. Indem wir die Kinderrechte respektieren und fördern, legen wir den Grundstein für eine gerechtere und nachhaltigere Zukunft. Deshalb ist es so wichtig, die Kinderrechte im Grundgesetz zu verankern.

Kinderrechte sind für alle Kinder da, egal wo sie herkommen oder wie sie aussehen. Es ist die Aufgabe von Erwachsenen, sicherzustellen, dass Kinderrechte respektiert werden. Wenn wir Kinderrechte achten, helfen wir Kindern, glücklich und gesund aufzuwachsen.


Was sind Menschenrechte?

Die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte wurde am 10. Dezember 1948 durch die UNO vollzogen. Nach dem Zweitem Weltkrieg und seinen vielen Toten war es den Menschen wichtig, durch die Einhaltung der Menschenrechte für eine friedliche Welt zu sorgen. Die Menschenrechte sind ewig, unabänderlich und gelten überall.

In Deutschland sind die Menschenrechte im Grundrecht verankert. So lautet der erste Artikel des deutschen Grundgesetzes, dass die Würde des Menschen unantastbar ist. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt. Der deutsche Staat überwacht die Einhaltung der Regeln. In einer Demokratie geschieht dies durch die vom Volk gewählten Vertreter.

Zu den weiteren Menschenrechten gehören z.B. das Persönlichkeitsrecht, die Religionsfreiheit, die Meinungsfreiheit und die Versammlungsfreiheit.  Wie wichtig die Menschenrechte sind, wird oft erst bewusst, wenn diese bedroht sind oder wir sehen, dass es diese Rechte woanders nicht gibt. Im Gegensatz zu den Menschenrechte sind die Kinderrechte nicht im Grundgesetz verankert. Eine von der Großen Koalition vereinbarte Verankerung von Kinderrechten im Grundgesetz scheiterte an der Zweidrittelmehrheit. Das Aktionsbündnis Kinderrechte setzt sich weiterhin dafür ein, dass die Kinderrechte im Grundgesetz aufgenommen werden.


Alle Kinder haben die gleichen Rechte

Im Sinne der Kinderrechtskonvention ist ein Kind jeder Mensch, der das achtzehnte Jahr noch nicht vollendet hat. Das gilt z.B. in Deutschland. In Somalia dagegen sind Kinder bereits mit 15 Jahren volljährig. Alle Kinder haben die gleichen Rechte, egal ob wo sie leben, woher sie kommen, welche Hautfarbe sie haben, was ihre Eltern machen, welche Sprache sie sprechen, welche Religion sie haben, ob sie Junge oder Mädchen sind, in welcher Kultur sie leben, ob sie eine Behinderung haben, ob sie reich oder arm sind.

 


Jedes Kind hat das Recht, gesund zu leben

Das bedeutet, jedes Kind hat das Recht auf die bestmögliche Gesundheit, medizinische Behandlung, sauberes Trinkwasser, gesundes Essen, eine saubere und sichere Umgebung, Schutz vor schädlichen Bräuchen und das Recht zu lernen, wie man gesund lebt. Für das Wohl des Kindes sind zuerst die Eltern zuständig. Ihre Aufgabe ist es, dafür zu sorgen, dass ihr Kind in Lebensverhältnissen aufwachsen kann, die eine gute Entwicklung des Kindes ermöglichen. Sollten Eltern dazu finanziell nicht in der Lage sein, muss der Staat für das Nötige sorgen, vor allem Nahrung, Kleidung und eine Wohnung.

Was kann verbessert werden:

Obwohl Deutschland als ein reiches Land gilt, gibt es dennoch Kinderarmut. Fast drei Millionen Kinder und Jugendliche sind in Deutschland von Armut oder sozialer Ausgrenzung betroffen. Familien in Deutschland haben durch das soziale Netz eine gesicherte Existenz, d.h. sie haben ein Dach über dem Kopf, leben aber oft nur mit dem Nötigsten. Nicht jedes Kind bekommt jeden Tag eine warme Mahlzeit. Auch an Kleidung, Spielzeug und Schulbedarf muss gespart werden. Kinder und Jugendliche aus ärmeren Familien brauchen eine unbürokratische Kindergrundsicherung, damit die Kinder das bekommen, was sie brauchen, um gesund aufzuwachsen.


Recht auf Bildung

Jedes Kind hat ein Recht auf eine gute Schulbildung, die kostenlos angeboten wird. In Deutschland sorgt der Staat durch die Schulpflicht ab dem 6. Lebensjahr dafür, dass alle Kinder in die Schule gehen. Die Bildung soll Kinder dabei unterstützen, ihre Fähigkeiten und Talente zu erkennen und zu entwickeln.

Das Recht auf Bildung ist deshalb wichtig, weil Bildung der Schlüssel zu einer besseren Zukunft ist. In anderen Ländern dieser Welt haben Kinder keinen Zugang zur Schule oder werden frühzeitig von der Schule genommen, damit sie arbeiten gehen. Oft ist Kinderarbeit eine wichtige Einnahmequelle für die Familie.

Was besser werden muss:

Schon mehrmals hat der Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen dem deutschen Staat hinsichtlich des Rechts auf Bildung ein schlechtes Zeugnis ausgestellt. Denn sozial benachteiligte Kinder und Jugendliche haben nicht die gleiche Bildungschancen wie andere Kinder. In Deutschland entscheidet leider nicht nur allein die Leistung, sondern auch die soziale Herkunft über den Bildungserfolg der Kinder.


Recht auf Spiel und Freizeit

Alle Vertragsstaaten müssen das Recht des Kindes auf Ruhe und Freizeit sowie auf Spiel und freie Teilnahme an kulturellem Leben anerkennen und fördern. Dazu gehört die Zeit mit Freunden, die Zeit mit der Familie, aber auch die Zeit für sich allein. Kein Kind darf überfordert werden. Zudem muss der Staat dafür Sorge tragen, dass es genügend Orte, z.B. Spielplätze oder Jugendtreffs, gibt, an denen Kinder und Jugendliche sich frei entfalten können.

Was muss hier noch gemacht werden:

Spielplätze und Jugendeinrichtungen sollten von Kindern und Jugendlichen mitgestaltet werden. Denn Kinder wissen ganz genau, welche Spielgeräte oder Freizeitmöglichkeiten für sie richtig sind. Kinder sollten mehr Zeit dafür haben, einfach Kind zu sein. Schule, Hausaufgaben, Lernen - da bleibt wenig Zeit für Freizeit. Eltern sollten aufpassen, dass sie ihre Kinder nicht überfordern. Schule ist wichtig, keine Frage, aber genauso wichtig für die gesunde Entwicklung eines Kindes ist Bewegung, frische Luft und kreative Aktivitäten.


Recht auf Information und Mitsprache

Jedes Kind hat das Recht, alles zu erfahren, was es für ein gutes Leben wissen muss, sei es aus dem Radio, der Zeitung, Büchern, dem Computer oder anderen Quellen. Erwachsene sollen dafür sorgen, dass die Informationen, die das Kind erhält, nicht schaden. Außerdem sollen sie helfen, die Informationen, die das Kind braucht, zu finden und zu verstehen.

Außerdem darf jedes Kind seine eigene Meinung mitteilen und vertreten. Dies muss von Erwachsenen ernstgenommen werden. Das ist besonders wichtig, wenn es z.B. im Falle einer Trennung der Eltern, darum geht, wo das Kind leben möchte. Wird dies gerichtlich entschieden, ist der Kindeswille für den Richter ein gewichtiger Faktor.

Was braucht es hier noch:

Wie steht es um das Mitspracherecht in deiner Schule, im Kindergarten oder zuhause? Gibt es Möglichkeiten, sich einzubringen? Hören dir deine Eltern zu, wenn du deine Wünsche äußerst? Mitsprache in der Familie und in der Schule ist wichtig, um Kindern Selbstvertrauen zu vermitteln. Sie lernen ihre Meinung zu sagen, anderen zuzuhören und Kompromisse zu finden. Damit Kinder sich ihre Meinung bilden können, brauchen sie Zugang zu kindgerechten Informationen (Kinderradio, Kinderzeitschriften, Bücher, Webseiten für Kinder).


Schutz vor Gewalt und das Recht auf Privatsphäre

In Artikel 19 der Kinderrechte ist der Schutz vor Gewalt festgeschrieben. Ein Kind darf weder körperlich noch seelisch misshandelt, missbraucht oder vernachlässigt werden. Drohungen oder Schläge sind verboten. Für das Kindeswohl sind zuallererst die Eltern verantwortlich. Die Eltern müssen bei allem, was sie tun, dafür sorgen, dass es dem Kind gut geht. Der Staat soll die Eltern bei dieser Aufgabe unterstützen, zum Beispiel durch Kindergärten, Gesundheitsdienste und Betreuungsmöglichkeiten. Ist das Kindeswohl gefährdet, muss der Staat dafür sorgen, dass das Kind besonderen Schutz und Hilfe bekommt.

Der Schutz vor Gewalt heißt nicht, dass Kinder nicht bestraft werden können. Strafen wie Taschengeldentzug, Computerverbot oder Hausarrest sind erlaubt.

Recht auf Privatsphäre

Jeder Mensch hat Geheimnisse. Das gilt auch für Kinder. Deshalb hat jedes Kind das Recht auf eine Privatsphäre. Niemand darf ungefragt Briefe lesen, das Zimmer durchsuchen oder ähnliches tun. Außerdem hat jedes Kind ein Recht am eigenen Bild, das heißt, wenn ein Kind nicht fotografiert werden möchte, muss das akzeptiert werden. Bilder, auf dem das Kind zu sehen ist, dürfen nicht weiterverbreitet werden, wenn das Kind nicht damit einverstanden ist.

Sollten Eltern die Sorge haben, dass das Kindeswohl ihres Kindes gefährdet ist, sei es durch einen falschen Freundeskreis, Suchtmittel oder ähnliches, dürfen Eltern das Zimmer ihres Kindes durchsuchen. In diesem Fall wiegt das Recht auf Kindeswohl mehr als das Recht auf Privatsphäre. Schließlich ist es Aufgabe der Eltern, sich um ihr Kind zu kümmern und es zu beschützen.

Was könnte noch besser sein:

Um das Kindeswohl zu schützen, muss die Netzwerkarbeit zwischen den Institutionen, z.B. zwischen Kitas, Schulen und Jugendamt, weiter ausgebaut werden. Dazu braucht es auch mehr geschultes Personal. Eltern sollten die Möglichkeit haben, sich zu den Themen Erziehung oder Medienkompetenz zu informieren. Dies kann über Elternabende, Workshops oder ähnliche Angebote geschehen.


Recht auf Eltern

Jedes Kind hat das Recht bei seinen Eltern zu leben. Gleichzeitig haben Eltern die Pflicht, sich um ihr Kind zu kümmern, es zu erziehen, zu beaufsichtigen und den Aufenthalt zu bestimmen. Sind die Eltern getrennt, hat das Kind das Recht, den Elternteil, bei dem es nicht lebt, zu sehen. Dies gilt genauso für Großeltern, Geschwister, Stiefeltern oder Pflegeeltern. Falls jemand dem Kind nicht gut tut, kann ein Gericht den Umgang einschränken oder ausschließen, damit das Kind nicht gefährdet wird.

 


Schutz vor Ausbeutung

Der Staat muss Altersgrenzen für die Arbeit von Kindern erlassen. Er muss Kinder vor Arbeit schützen, die schlecht für die Gesundheit oder die Schulbildung ist. Falls Du eine erlaubte Arbeit machst, hast das Kind oder der Jugendliche das Recht auf Sicherheit am Arbeitsplatz und auf faire Bezahlung. In Deutschland gilt ein Beschäftigungsverbot für Kinder. Ab 13 Jahren darf ein Kind eine leichte Tätigkeit mit geringem Zeitumfang ausüben. Das kann z.B. das Austragen von Zeitung oder Nachhilfe sein.

Der Schutz vor Ausbeutung gilt übrigens nicht beim Ausräumen der Spülmaschine oder beim Herunterbringen des Mülls. Solange ein Kind bei seinen Eltern wohnt und diese sich um das Kind kümmern, ist das Kind verpflichtet, entsprechend seiner Möglichkeiten im Familienalltag mitzuhelfen. Die Spielregeln für den Familienalltag stehen im Bundesgesetzbuch.


Schutz im Krieg und auf der Flucht

Aktuell sind mehr als 40 Millionen Kinder weltweit auf der Flucht. Flüchtlingskinder haben das Recht auf besonderen Schutz und Hilfe. Auch alle anderen Rechte der Kinderrechtskonvention gelten für sie in dem Land, in dem sie gerade sind. Der Staat, die Vereinten Nationen und andere Organisationen müssen ihnen helfen, zu ihrer Familie zurückzukehren, falls sie alleine auf der Flucht sind. Falls dies nicht möglich ist, ist das Jugendamt für diese Kinder zuständig.

Alle Kinder haben das Recht auf Schutz im Krieg. Ein zusätzlicher Vertrag bestimmt, dass kein Kind zu aktiver Teilnahme an bewaffneten Konflikten herangezogen werden darf. Das bedeutet, dass kein Kind als Soldat eingesetzt werden darf. Man geht davon aus, dass weltweit zehntausende Kinder von bewaffneten Gruppen für ihre Zwecke missbraucht werden.


Besondere Rechte bei Behinderung

Jedes geistig oder körperlich behindertes Kind hat ein Recht auf ein erfülltes und menschenwürdiges Leben. Alle Rechte der Konvention gelten im gleichen Maße für behinderte Kinder, so dass die Kinder ein gutes Leben führen und aktiv am sozialen Leben teilnehmen können. Der Staat muss für Angebote und Möglichkeiten zur Unterstützung sorgen. In Inklusionsschulen lernen Menschen mit Behinderungen zusammen mit Menschen ohne Behinderungen.

Was muss verbessert werden:

Es sollte mehr Angebote von gemeinsamen Aktivitäten für Menschen mit oder ohne Behinderung geben. Damit behinderte Kinder im vollen Umfang am sozialen Leben teilnehmen können, muss auf eine barrierefreie Umgebung geachtet werden. Dazu gehören auch barrierefreie Spielgeräte auf Spielplätzen.


Wie kann das Mitspracherecht von Kindern und Jugendlichen gefördert werden?

Bereits im Kindergartenalter oder in der Grundschule kann sich mit den Kinderrechten auseinandergesetzt werden.  Altersgerechten Anschauungsmaterialien, z.B. vom Deutschen Kinderhilfswerk oder von UNICEF, erklären den Kindern die Bedeutung der Kinderrechte und deren Umsetzung im Alltag. In vielen Kindergärten und Grundschulen haben Kinder ganz selbstverständlich Anteil an Entscheidungen, die sie betreffen. Geht es um die Neugestaltung des Außenbereichs oder des Pausenhofs, werden die Kinder gefragt, was sie sich wünschen.

Kinder, die in angemessener Weise, eigene Entscheidungen treffen dürfen, lernen Verantwortungsbewusstsein und Kompromissbereitschaft. Dies kann auch im Familienalltag gefördert werden. Angelegenheiten, die die Familie betreffen, werden in einer gemeinsamen Familienrunde besprochen. Das können die Verteilung von Haushaltspflichten, Streitigkeiten oder die Planung von Ausflügen oder Wochenenden sein. Jedes Familienmitglied ist gleichberechtigt und kann Vorschläge machen. Durch die Gespräche in der Familienrunde machen Kinder von klein auf die Erfahrung, dass sie ernst genommen werden. Außerdem lernen sie gemeinsam, Lösungen für Probleme zu finden.


Links

UN-Kinderrechtskonvention (im Wortlaut)
UN-Kinderrechtskonvention(in leichter Sprache)

UNICEF: www.unicef.de
Kinderrechteforum: www.kinderrechteforum.de
Deutsches Kinderhilfswerk: www.dkhw.de
Deutsches Institut für Menschenrechte: www.institut-fuer-menschenrechte.de
Kinderkommission des Deutschen Bundestages: www.bundestag.de/kiko
Portal des Deutschen Bundestages für alle zwischen 12 und 20 Jahren: www.mitmischen.de

Quellen

Leitzgen, Anke M.: Das sind deine Recht! Das Kinderrechtebuch. Beltz & Gelberg, 2017.
Arkona, Malte: Warum haben wir keinen König? So funktioniert unsere Demokratie. Herder, 2009.
Schulz-Reiss, Christine: Nachgefragt. Menschenrechte und Demokratie. Basiswissen zum Mitreden. Loewe, 2008.
Van der Gieth, Hans-Jürgen: Leselauscher Wissen. Politik und Demokratie. BVK, 2020.
Nolte, Paul: Demokratie. Die 101 wichtigsten Fragen. C.H.Beck, 2015.

Bilder: canva.com, Illustrationen von Kester/sparklestroke