Familienvielfalt

 

Es gibt Familien mit nur einem Elternteil, zwei Vätern oder zwei Müttern, Familien mit vielen Kindern oder mit keinen Kindern und Familien mit Vater, Mutter und Kind. Familien sind bunt und unterschiedlich, aber eins eint alle Familien: Familie ist überall da, wo in persönlichen Beziehungen Verantwortung füreinander übernommen wird. Im Oktober-Thema des Hauses der Familie Puderbach stellen wir verschiedene Familienformen vor und schauen uns die Lebenswirklichkeiten von Patchworkfamilien, Ein-Eltern-Familien, Regenbogenfamilien, Pflege- und Adoptivfamilien, Wahlfamilien, Groß- und Kernfamilien genauer an.

Was bedeutet Familie?

Die Familie umfasst gleich- und gemischtgeschlechtliche Ehepaare und Lebensgemeinschaften sowie Ein-Eltern-Familien mit ledigen Kindern. Dazu gehören Stief-, Pflege- und Adoptivkinder. Sie ist eine Gruppe aus miteinander (bluts-)verwandten Personen. Doch die Familie kann auch selbst gewählt sein: Wer schlechte Erfahrungen gemacht hat, Gewalt und Demütigung ausgesetzt war oder dem Gefühl, nicht gut genug zu sein, macht seine Freunde oder Partner zur Wahlfamilie. Familienmitglieder sorgen füreinander und fühlen sich füreinander verantwortlich.

Familie im Wandel

11,6 Millionen Familien mit Kindern gibt es in Deutschland. Davon sind 2,6 Millionen Alleinerziehende (Statistisches Bundesamt, 31.August 2021) und 12.000 gleichgeschlechtliche Paare mit Kindern (Zeit N° 4, 21. Januar 2021, S.37). Diese gliedern sich noch einmal in 4000 Ehepaare und 6000 Lebensgemeinschaften mit minderjährigen Kindern auf (Familienreport des Bundesfamilienministeriums). Leider wird in diesen Statistiken nicht darauf eingegangen, wie hoch jeweils der Anteil an lesbischen, schwulen und trans Paaren ist.

Vater, Mutter, Kind?

Einige meinen, die gute alte Zeit der Familie sei vorbei. Aber hat es dieses Idealbild der Familie jemals gegeben? Jeder geht bei der Frage nach der Bedeutung von Familie von seinen eigenen Vorstellungen und Erfahrungen aus. Familie ist wandelbar und passt sich sozialen und gesellschaftlichen Verhältnissen an.

Familie früher

Unterschiedliche Familienformen hat es schon immer gegeben. Die Großfamilie mit Kindern und Großeltern unter einem Dach diente der Versorgung der Familie. Gleichzeitig war die Betreuung der kleineren Kinder gesichert. Auch war es damals üblich, Kinder von verstorbenen Verwandten aufzunehmen und sich um diese zu kümmern. Bürgerliche Familien oder Familien aus höheren Gesellschaftsschichten hatten dagegen oft weniger Kinder, da es genug Geld gab. Auch die Patchworkfamilie ist nicht neu. Die Menschen hatten eine niedrigere Lebenserwartung, und Frauen starben oft bei der Geburt. Die Witwe oder der Witwer heiratete erneut und brachte Kinder mit in die Ehe.

Planet Wissen gibt einen guten Einblick in den historischen Wandel der Familie und bietet weitere Informationen zum Thema.

Familie in der Krise?

Die sogenannte Kernfamilie aus Vater, Mutter, Kind ist noch immer die häufigste Familienform. Doch der Anteil ist stetig zurückgegangen. Das bedeutet aber nicht, dass die Familie in der Krise steckt oder sogar verschwindet. Nur die Formen der Familie ändern sich. Familie bleibt dennoch Familie. Mit allen Problemen und Herausforderungen, die der Familienalltag mit sich bringt. Die Familienpolitik muss sich dafür einsetzen, die Lebensqualität von Eltern und Kindern in allen Lebensbereichen zu verbessern. Es darf keine Ausgrenzung oder Benachteiligung aufgrund von Geschlecht oder Lebensform geben.

Patchworkfamilie oder Stieffamilie, noch schöner: Bonusfamilie

In einer Patchworkfamilie bringt mindestens ein Elternteil ein Kind aus einer früheren Beziehung in die neue Familie. Hier stellen sich die Fragen: Wie kommt das Kind mit dem neuen Partner, der neuen Partnerin klar? Wie verläuft das Kennenlernen? Verstehen sich die Kinder untereinander? Wie gehe ich mit Konflikten um? Darf ich als Stiefmutter/Stiefvater miterziehen? Oder halte ich mich raus?

Familie Füsse mit Farbe

© Pexels

Bonusmama und Bonuspapa

Kinder sind in Patchworkfamilien vielmals hin- und hergerissen. Da ist einmal der neue Partner/die neue Partnerin von Mutter oder Vater, andererseits aber auch der andere Elternteil, der vielleicht wiederum eine neue Beziehung eingeht. Dazu kommen Stiefgeschwister, das Hin und Her, wenn das Kind die Woche bei der Mutter, das Wochenende beim Vater verbringt. Kinder kommen oft in einen Loyalitätskonflikt, weil sie beide Elternteile lieben und nun mit einer Ersatzmama oder -papa konfrontiert sind. Der neue Partner kann die Rolle von Vater oder Mutter nicht ersetzen. Was Kinder wirklich brauchen, um mit der neuen Situation umzugehen, ist Zeit und Verständnis.

Zum Thema zu empfehlen ist das Buch von Jesper Juul - Aus Stiefeltern werden Bonus-Eltern: Chancen und Herausforderungen für Patchwork-Familien. Das Buch gibt es auch gebraucht zu kaufen oder man leiht es sich in der Bücherei aus. Der Podcast "Patchworkfamilie - So geht's" beschäftigt sich mit allen Herausforderungen des Patchwork-Familienalltags und gibt hilfreiche Tipps.

Ein-Eltern-Familie/Alleinerziehend

Es ist eine große Herausforderung, die alleinige Verantwortung für ein oder mehrere Kinder zu haben. Manche entscheiden sich bewusst dazu. Andere geraten ungewollt durch Scheidung, Trennung oder nach dem Tod des Lebenspartners in die Situation, die Kinder allein zu erziehen. Alleinerziehend zu sein gilt heute gesellschaftlich als normal. Fast 2,6 Millionen Ein-Eltern-Familien gibt es in Deutschland. Das bedeutet jede fünfte Familie mit minderjährigen Kindern.

Mutter mit zwei Kindern beim Backen

© RODNAE Productions/Pexels

Ein-Kind-Familien unterstützen

Dennoch zeigt sich immer noch, dass Haushalte von Alleinerziehenden das höchste Armutsrisiko aller Familienformen aufweisen. Wichtige Themen für Alleinerziehende sind das Sorgerecht, die Existenzsicherung durch Ausbildung und Erwerbstätigkeit, die Kinderbetreuung, finanzielle Unterstützung durch den Staat und ja, das auch, die Anerkennung als "richtige Familie".

Nützliche Links:

Verband Alleinerziehender Mütter und Väter Landesverband Rheinland Pfalz e.V.

Blog: mama-arbeitet.de

Regenbogenfamilien

In Regenbogenfamilien ist mindestens ein Elternteil lesbisch, schwul, bisexuell, trans- bzw. intergeschlechtlich. Seit vielen Jahren setzen sich Verbände wie z.B. der Lesben- und Schwulenverband dafür ein, dass Regenbogenfamilien in der Gesellschaft als normal anerkannt und rechtlich abgesichert werden.

Väter mit ihrem Baby

© Karolina Grabowska/Pexels

Regenbogenfamilien sind bunt und vielfältig

Wie in allen anderen Familienformen stehen die Eltern vor vielen Herausforderungen: Erziehung, Haushalt, Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Darüber hinaus müssen sich lesbische, schwule oder trans Eltern damit auseinandersetzen, dass ihre Familie rechtlich und gesellschaftlich ungleich behandelt wird. Außerdem sind sie Diskriminierungen ausgesetzt. Wenn lesbische, schwule oder trans Paare ein Kind bekommen möchten, gibt es viele Hürden zu überwinden und rechtlich befindet sich vieles in einer Grauzone. Im Video „Meine Regenbogenfamilie“ stellt sich eine Regenbogenfamilie vor. Wie lebt es sich als Kind in einer Regenbogenfamilie?

Nützliche Links:

www.regenbogenportal.de

www.lsvd.de

www.queernet-rlp.de

Pflege- und Adoptivfamilie

Um die 81.000 Pflegekinder gibt es in Deutschland. Als Pflegefamilie nehmen Sie ein Kind auf und betreuen es, wenn es nicht bei den leiblichen Eltern aufwachsen kann. Dies kann für eine befristete Zeit sein oder bis zur Volljährigkeit. Junge Volljährige können bis zum 21. Lebensjahr in der Pflegefamilie leben. Wenn sich die Bedingungen bei den leiblichen Eltern verbessert haben, besteht auch die Möglichkeit, dass das Pflegekind zurück zu den Eltern geht. Auch gleichgeschlechtliche Paare oder Alleinerziehende können ein Pflegekind aufzunehmen. Für alle gilt: sie müssen für die Aufgabe geeignet sein und mit dem Jugendamt zusammenarbeiten.

Familie mit Pflegekindern auf Sofa

© Kindel Media

Viel Verständnis und Einfühlungsvermögen

Die leiblichen Eltern behalten das Sorgerecht und haben ein Recht auf Umgang mit dem Kind. Nur bei Gefährdung des Kindeswohls kann dieses Recht entzogen werden. Für alltägliche Dinge haben die Pflegeeltern Entscheidungsbefugnis. Pflegekinder brauchen viel Verständnis. Die Kinder kommen oft aus problematischen Familiensituationen und sind mitunter traumatisiert. Bei einer neuen Familie zu sein, verunsichert zusätzlich. Es braucht Zeit und Verständnis, sich an die neue Situation zu gewöhnen. Unterstützung bekommen Pflegeeltern vom Jugendamt. Hilfreich ist auch die Vernetzung mit anderen Pflegefamilien in Pflegeelternvereinen oder -gruppen.

Wohl des Kindes im Mittelpunkt

Bei der Adoption übernehmen Eltern die Vormundschaft für ein nicht von ihnen gezeugtes Kind auf Lebenszeit. Es gibt viele Gründe, warum ein Adoptivkind nicht bei den leiblichen Eltern aufwächst: z.B. Tod, Krankheit, Vernachlässigung, soziale Notlagen oder Missbrauch. Paare entscheiden sich für die Adoption eines Kindes, wenn sie selbst keine Kinder zeugen können oder sie Kindern bessere Lebenschancen bieten möchten. Oft werden auch Pflegekinder oder Stiefkinder adoptiert.

Adoptivfamilien sind mit den gleichen Herausforderungen des Zusammenlebens und der Erziehung konfrontiert wie alle Familien. Adoptivkinder brauchen Unterstützung, um mit der Trennung oder dem Verlust der leiblichen Eltern umzugehen. Gleichzeitig sind Geduld und Einfühlungsvermögen gefragt, damit die Eltern eine gute Bindung zum Kind aufbauen können.

Die Zahl der Adoptionen in Deutschland sinkt seit ein paar Jahren. Dies wird zurückgeführt auf Fortschritte in der künstlichen Befruchtung. Ein überwiegender Teil der Adoptionen sind Stiefkindadoptionen.

Nützliche Links:

PFAD-Bundesverband der Pflege- und Adoptivfamilien e.V.

Informationen zur Pflegefamilie

Informationen zur Adoptivfamilie

Kernfamilie

Die klassische Familie oder Kernfamilie besteht aus Vater, Mutter und den gemeinsamen leiblichen Kindern. Die Kernfamilie kommt in Deutschland und in der westlichen Welt am meisten vor. Die Kernfamilie hat sich seit dem 19. Jahrhundert herausgebildet und wird von vielen als die Norm angesehen. Doch auch in der klassischen Familie haben sich die Rollenmuster gewandelt: der Vater ist nicht mehr der Alleinverdiener, die Mutter nicht mehr allein für Erziehung und Haushalt zuständig. Zudem gehen die meisten Mütter einer Vollzeit- oder Teilzeitbeschäftigung nach.

Vater Mutter und Kind lächeln in Kamera

© Brad Dorsey/Pixabay

Wahlfamilie

Familie kann man sich nicht aussuchen, oder? In der Wahlfamilie leben Menschen miteinander, die nicht verwandt sind, aber aufgrund ihres Vertrauens füreinander zueinander gefunden haben. Diese Menschen werden als Wahlverwandte angesehen. Dazu gehören Freunde, Nachbarn, WG-Mitbewohner oder Partner. Wahlfamilien entstehen, wenn man keine eigene Familie mehr hat, diese weit weg wohnt, man allein lebt oder das Vertrauen in die eigene Familie durch Streitigkeiten oder traumatische Erlebnisse verloren hat.

Freunde essen an großen Tisch

© fauxels/Pexels

Großfamilie und kinderreiche Familien

In der Großfamilie leben Kinder, Eltern und Großeltern oder sogar die Urgroßeltern unter einem Dach. Dazu können auch Onkel, Tanten oder andere Verwandte gehören. Oft bildet die Großfamilie auch eine wirtschaftliche Einheit, wie z.B. bei einem landwirtschaftlichen Betrieb, einem Handwerk oder einem Familienunternehmen. Kinderreiche Familien dagegen sind Familien mit vielen Kindern. Als kinderreich gilt eine Familie bereits ab drei Kindern. 12 Prozent der Familien in Deutschland haben 3 Kinder oder mehr.

Großfamilie posiert für Kamera

© Craig Adderly/Pexels

Großfamilien und kinderreiche Familien müssen gut organisiert sein, um den Familienalltag zu meistern. Eltern mit vielen Kindern müssen mit einem oft geringeren Einkommen eine Menge an Ausgaben tätigen. Dies belastet die Altersvorsorge und kann zu Altersarmut führen. Auch die Wohnungssuche oder der Hauskauf gestalten sich schwieriger.

Nützliche Links:

Evangelische Familienerholung