Lasst uns über Rassismus reden

Kinder und Jugendliche erleben im Alltag Rassismus und Diskriminierung - auf dem Schulweg, in den Pausen oder in den sozialen Medien. Deshalb ist es wichtig, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen und sich stark gegen Rassismus zu machen, um eine tolerante und gerechte Gesellschaft zu fördern. Altersgerechte Erklärungen helfen Kindern und Jugendlichen, die Bedeutung von Gleichheit und Respekt zu verstehen.

Rassismus ist kein leichtes Thema und wird oft gemieden, solange man nicht selbst betroffen ist. Doch für viele Menschen sind Rassismus und Diskriminierungen im Alltag allgegenwärtig. Aufgrund ihrer „Hautfarbe“, Religion oder anderer Zuschreibungen werden sie anders behandelt und ausgegrenzt. Dies beginnt bereits im Kleinen. Fragen wie „Wo kommst du her?“ oder vermeintliche Komplimente wie „Du sprichst aber gut Deutsch.“ können für Schwarze Menschen, Menschen of Color und Menschen mit Migrationshintergrund verletzend sein, besonders wenn sie in Deutschland ihren Lebensmittelpunkt haben oder seit Generationen hier leben.


Was ist Rassismus?

Rassismus ist eine Art von Diskriminierung, bei der Menschen aufgrund ihrer Herkunft, ihrer Hautfarbe oder ihrer Religion diskriminiert und ausgegrenzt werden. Diese Ansicht beruft auf der Annahme, dass es bei Menschen unterschiedliche "Rassen" gibt. Demnach gelten weiße Menschen als von Natur aus überlegene "Rasse". Wissenschaftler*innen haben diese Theorie als erfundenes soziales Konstrukt widerlegt. Alle Menschen gehören wissenschaftlich gesehen zur Art Homo sapiens. Es gibt bei Menschen keine "Rassen". Deshalb wird das Wort auch in Anführungszeichen geschrieben. Menschen unterscheiden sich in ihrem Aussehen. Dies ist aber kein Grund, daraus eine Theorie abzuleiten, in der einzelne Bevölkerungsgruppen mit bestimmten biologischen Merkmalen von Natur aus überlegen bzw. unterlegen sein sollen.

Hinweis zum Text: Die Begriffe "Schwarz" oder "Schwarze Menschen" sind von Schwarzen Menschen selbst gewählt worden. Das Wort wird mit einem großen "S" am Anfang geschrieben, um zu zeigen, dass es nicht um die Farbe geht, sondern um die Zugehörigkeit zu einer Gruppe, die aufgrund ihrer Hautfarbe Rassismuserfahrungen gemacht hat. In diesem Zusammenhang ist ein weißer Mensch jemand, der keine Probleme mit Rassismus hat. Deshalb wird das Wort "weiß" kursiv geschrieben.

Als People of Color (PoC), Mensch of Color oder BIPoC zählen alle Menschen, die aufgrund ihrer Hautfarbe oder ihrer Herkunft Erfahrungen mit Rassismus machen. BIPoC steht für Black Indigenous People of Color, also Schwarze, Indigene und People of Color.

Auseinandersetzung mit dem Thema ist notwendig

Es gibt viele Rassismusformen, z.B. Anti-Schwarzer Rassismus, Rassismus gegen Juden (Antisemitismus), antimuslimischer Rassismus, antiasiatischer Rassismus oder Rassismus gegen Rom*nja oder Sinti*zze. Rassismus kann in unserer Gesellschaft weiter bestehen, da es zu wenig Auseinandersetzung mit dem Thema gibt. Selbst die Europäische Kommission fordert bereits seit Jahren eine intensivere Prävention und Bekämpfung von Rechtsextremismus und Rassismus in Deutschland. Vor kurzem stellte die Antidiskriminierungstelle des Bundes ihren Jahresbericht für 2023 vor. Die Zahlen zeigen einen deutlichen Anstieg der Anfragen um 20 %. Die meisten Anfragen wurden zu rassistischer Diskriminierung gestellt.

In unserer Welt ist Rassismus noch immer ein großes Problem. Deshalb ist es wichtig, ein waches Bewusstsein zu haben und sich mit Rassismus auseinanderzusetzen. Was als "normal" gilt, wird von der Kultur festgelegt, die im jeweiligen Land vorherrschend ist. Aufgrund unserer sozialen Identitäten werden wir in gedachte Schubladen gesteckt, z.B. nach sozialem Status (arm oder reich), Alter (jung oder alt) oder Religion (evangelisch, katholisch, muslimisch, jüdisch etc.). Ob wir das möchten oder nicht. Weiße Menschen haben Privilegien. Sie werden von Institutionen und Behörden anders behandelt als Schwarze Menschen oder Menschen of Color. Auf der Welt gibt es viel mehr Menschen, die nicht in die Schublade "weiß, männlich, obere Mittelschicht" passen.

Alltagsrassismus

Rassismus gehört für viele Menschen in Deutschland zum Alltag. Ob bei der Wohungssuche, im Beruf oder in bei der Bildung: Menschen of Color, Schwarze Menschen oder Menschen mit Migrationshintergrund werden aufgrund von Vorurteilen benachteiligt. Einen Beweis dafür lieferte eine Studie der Mannheimer Universität, in der angehende Lehrerkräfte Diktate von Kindern mit ausländischen Wurzeln schlechter beurteilten, trotz gleicher Leistung. Es hat also einen Einfluss auf die Benotung, wenn statt der Namen Max oder Hannah oben auf dem Diktat Hatice oder Murat stehen.

Kinder erlernen rassistische Strukturen bereits früh. Entgegen der Meinung, dass Kinder keine Hautfarben kennen, haben Studien festgestellt, dass Kinder nicht farbignorant sind. Bereits im Alter von 3-5 Jahren unterscheiden sie, z.B. Puppen, nach den in einer Gesellschaft vorherrschenden Vorurteilen. In Europa und in Deutschland werden weiße Puppen bevorzugt, zum Teil auch von Schwarzen Kindern oder Kindern of Color, da in Büchern, Serien und Filmen weiße Figuren zumeist im Vordergrund stehen. Dies zeigt, dass Kinder bereits früh fähig sind, für sie Bekanntes zu erkennen und zuzuordnen. Genauso wird die Fähigkeit zur Toleranz früh erlernt.

 

Mehr Diversität in Büchern, Filmen und Co.

Kinder brauchen neben positiven und diversen Identifikationsfiguren in Bilderbüchern, Kinderserien und -filmen auch Schwarze Alltagsheld*innen und Alltagsheld*innen of Color. Eine Schwarze Astronautin oder ein Wissenschaftler of Color, die oder der ihnen Selbstwertgefühl vermittelt. In Kitas und Schulen hat ein Umdenken bereits begonnen. Diskriminierende Lieder oder Spiele, wie z.B. "Drei Chinesen mit dem Kontrabass" oder "Wer hat Angst vorm Schwarzen Mann?" werden abgewandelt oder nicht mehr gesungen oder gespielt.


Wie mit Kindern über Rassismus sprechen?

Eltern haben eine Vorbildfunktion. Sie sind es, die ihre Kinder durch die ersten Lebensjahre begleiten. Die sie füttern, ihre ersten Schritte mitmachen, sie erziehen und ihre Fragen beantworten. Dazu gehören auch Fragen und Antworten zu Themen wie Klimawandel, Gerechtigkeit, Demokratie und Rassismus. Es ist nie zu früh, um mit Kindern über gesellschaftliche Themen zu sprechen. Wichtig dabei ist eine kindgerechte Erklärung, die dem aktuellen Entwicklungsstand des Kindes entspricht. Eltern können auf diese Weise dazu beitragen, dass ihr Kind den Mut entwickelt, sich gegen Rassismus einzusetzen, wenn es in eine entsprechende Situation gerät.

Miteinander reden und zuhören

Um auf das Thema Rassismus zu sprechen zu kommen, eignet sich gut ein Bilderbuch zum Anschauen oder ein Kinderbuch, das man gemeinsam liest. Vermitteln Sie Ihrem Kind, dass es Menschen mit unterschiedlichen Merkmalen wie Hautfarbe oder Haarfarbe gibt, diese aber alle gleichwertig sind. Weisen Sie darauf hin, dass Menschen wegen ihrer Hautfarbe oder ihres Aussehens im Laufe der Geschichte ausgeschlossen oder geärgert wurden und dies auch heute noch geschieht. Erzählen Sie von Menschen, die sich gegen Rassismus einsetzen oder sich eingesetzt haben.

Sprechen Sie offen mit Ihrem Kind über das Thema und hören Sie zu, was Ihr Kind dazu zu sagen hat. Hat es vielleicht bereits eigene Erfahrungen gemacht? Sollte ihr Kind Vorurteile äußern, gehen Sie darauf ein und erklären Sie, was Vorurteile sind. Jeder Menschen hat Vorurteile, die meistens auf Unwissenheit oder Erfahrungen beruhen. Durch positive Erfahrungen mit unterschiedlichen Menschen werden Vorurteile abgebaut. Dabei hilft eine kritische Hinterfragung der eigenen Vorurteile.

Was kann man gegen Rassismus tun?

Überlegen Sie gemeinsam mit Ihrem Kind, was sie gegen Rassismus in Ihrem Umfeld tun können, z.B. in der Kita, in der Schule oder auf dem Spielplatz. In Situationen, in denen jemand diskriminiert wird oder diskriminierende oder rassistische Äußerungen ausgesprochen werden, sich für die Person einsetzen und Hilfe anbieten oder den Äußerungen widersprechen. Dabei sollte man immer die eigene Sicherheit im Blick haben. Wer sich unsicher ist, holt sich Hilfe bei den Eltern, Lehrer*innen oder ruft im Ernstfall die Polizei unter 110.

Sich gegen Rassismus stark machen

Was ist nun, wenn das eigene Kind Erfahrungen mit Rassismus gemacht - sei es als Opfer oder Zeuge. Nicht jedes Kind vertraut sich sofort den Eltern an und berichtet von seinem Kummer. Dass etwas vorgefallen ist, was das Kind belastet, zeigt sich oft in einem veränderten Verhalten des Kindes. Es möchte vielleicht nicht mehr zur Schule gehen, hat körperliche Symptome wie Bauch- oder Kopfschmerzen oder äußert den Wunsch, eine andere Hautfarbe oder ein anderes Aussehen zu haben. Zeigen Sie Ihrem Kind, dass Sie für es da sind, wenn es Probleme hat und Hilfe braucht. Üben Sie gemeinsam einen Satz ein, den das Kind benutzen kann, wenn es wieder mit Rassismus konfrontiert wird, z.B. "Stopp, so redest du nicht mit mir!"

Folgende Seiten im Internet bieten einen kindgerechten Überblick zum Thema Rassismus:

Hanisauland - Politik für dich
Schule ohne Rassismus
logo!: Was ist Rassismus?
neuneinhalb - Deine Reporter  - Folge zum Thema "Alltagsrassismus - Wenn Worte ausgrenzen"

Bücher für Kinder:

Akpojaro, Jordan: Erstes Aufklappen und Verstehen: Was ist Rassismus?
Hödl, Saskia und Amofa-Antwi, Pia: Steck mal in meiner Haut!
Apraku, Josephine und Bönkost, Jule: Rassismus geht uns alle an
Fornasari, Eleonora: 10 Ideen für mehr Toleranz
Kitzing, Constanze von: Ich bin anders als du

Bücher für Jugendliche:

Reynolds, Jason und Ibram X. Kendi: Rassismus, Antirassismus und du
Favilli, Elena und Cavallo, Francesca: Good Night Stories for Rebel Girls - 100 außergewöhnliche Frauen
Jewell, Tiffany: Das Buch vom Antirassismus
Schrocke, Kathrin: Weiße Tränen
Zamolo, Lucia: Jeden Tag Spaghetti - Wie es sich anfühlt von hier zu sein, aber irgendwie auch nicht

Bücher für Erwachsene:

Fajembola, Olaolu und Nimidé-Dundadengar, Tebogo: Gib mir mal die Hautfarbe. Mit Kindern über Rassismus sprechen
Apraku, Josephine: Wie erkläre ich Kindern Rassismus?
Ogette, Tupoka: exit RACISM. Rassismuskritisch denken lernen.

Bilder: © canva.com