Wie Reden und Zuhören die Paarbeziehung stärken

Hände überreichen sich Herz

Im Alltag dreht es sich bei der Kommunikation zwischen Partnern zumeist darum, wer welche Aufgabe übernimmt: Wer holt die Kinder von der Schule ab? Wer geht einkaufen und besorgt das Geschenk für Opa? Ob man Kinder hat oder nicht, der Alltag ist voll von Arbeit, Erledigungen und Aufgaben. Wo bleibt da die Zeit, um als Paar in Ruhe ins Gespräch zu kommen?

Besonders wenn die Fronten in der Beziehung bereits verhärtet sind, führt mangelnde Kommunikation in der Partnerschaft oft zu Missverständnissen. Regelmäßige Gespräche in der Partnerschaft klären Missverständnisse auf und festigen die partnerschaftliche Vertrauensbasis. Bei diesen Gesprächen ist es wichtig, sich auf den Partner einzulassen und aktiv zuzuhören. Wie kann eine gute Kommunikation in der Partnerschaft die Beziehung bereichern?

Glückliche Beziehungen sind keine Beziehungen, in denen es nie Streit gibt, sondern Beziehungen, in denen sich das Paar nach einem Streit zusammensetzt, um die Dinge wieder in Ordnung zu bringen. Nun sind Gespräche, in denen es um unsere Gefühle und Bedürfnisse geht, nie einfach. Schließlich zeigen wir unsere eigene Verletzlichkeit und geben einen Teil unserer Selbst preis.

Über Gefühle und Bedürfnisse sprechen

Besonders schwer ist dies für jemanden, der nie gelernt hat, über seine Gefühle zu sprechen. Doch jeder Mensch kann sich einen Zugang zu seinen Gefühlen und Bedürfnissen schaffen, wenn er sich nur darauf einlässt. Ob das Sprechen über Gefühle oder der Umgang mit Konflikten: Die in der Kindheit erlebten Beziehungen haben einen Einfluss darauf, wie man sich selbst später im Erwachsenenleben in einer Beziehung verhält.

Haende, die sich halten

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Wer als Kind Eltern erlebt hat, die offen mit Gefühlen umgegangen sind, besitzt im späteren Leben eher die Fähigkeit, sich emotional auf andere Menschen einzulassen. Aus diesem Grund ist es wichtig, in einer Beziehung auch darüber zu sprechen, wie früher in der Familie mit Dingen umgegangen wurde, und dies zu hinterfragen. Schließlich kommen in einer Partnerschaft zwei Personen mit verschiedenen Gewohnheiten, Persönlichkeiten und Erfahrungen zusammen.


Das Psychologen-Ehepaar John M. und Julie Schwartz Gottman setzt sich in seiner Forschung intensiv mit dem Thema Paarbeziehung auseinander. Um die Beziehung zu stärken und auf ein solides Fundament zu stellen, schlagen beide fest geplante Gespräche vor. Die zu festgelegten Themen geführten Gespräche, z.B. zum Umgang mit Konflikten, zu Sex und Intimität, zur Familie oder zu Träumen, ermöglichen ein tieferes Verständnis der Partner füreinander.

Gespräche führen, um die Beziehung zu stärken

Ob man nun ein Gespräch zu einem vorher festgelegten Thema führt oder eine Meinungsverschiedenheit oder ein Konflikt angesprochen werden soll, einige Gesprächsregeln sollten dabei eingehalten werden. Beide Partner machen einen Termin zu einem Gespräch aus, bei dem sie nicht durch Telefonanrufe, Kinder oder anderes gestört werden können. Das ist sinnvoll, da sich die Partner aufeinander konzentrieren sollen.

Paar Blickkontakt

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Gerade bei größeren Themen ist es besser, dass der Kopf frei und ausreichend Zeit für ein Gespräch da ist. Den Partner immer aussprechen lassen, dabei aktives Zuhören ausüben, d.h. sich ganz auf den Partner einlassen, den Blickkontakt halten, nicht unterbrechen und echtes Interesse und Neugier zeigen.


Mögliche Gesprächsthemen:

Familie: Darüber sprechen, was Familie für einen bedeutet. Ob man Kinder haben möchte oder nicht. Welche Vorstellung von Erziehung hat mein Partner, welche ich?

Über die Kinder nicht die Partnerschaft vergessen, denn eine gute Partnerschaft ist das Beste für das Kind.

Arbeit und Geld: Wer ist sparsam? Wer gibt gerne Geld aus? Wie sind die eigenen Eltern mit Geld umgegangen? Welche Einstellung hatten sie gegenüber Arbeit? Was bedeutet Geld und Arbeit für einen? Wie sieht eine gute Balance von Beziehung und Arbeit aus?

Eine gute Balance zwischen Beziehung und Arbeit finden. Über der Arbeit nicht den Partner vergessen.

Sex und Intimität: Über sexuelle Wünsche offen sprechen. Wie wurde in der Familie mit dem Thema Sex und Intimität umgegangen?

Das Sprechen über Sex wird mit der Zeit und je öfters darüber gesprochen wird, unbefangener.

Spaß und Abenteuerlust: Welche Aktivitäten macht man als Paar zusammen? Wer ist risikofreudig? Wer ist vorsichtiger? Gibt es etwas, was beide Partner gerne einmal ausprobieren möchten?

Sich aus der Komfortzone wagen und neue Erfahrungen gemeinsam als Paar machen.

Träume: Sind eigene Träume und Bedürfnisse während der Beziehung in den Hintergrund geraten? Gibt es gemeinsame Träume?

Träume, die in den Hintergrund gestellt werden, können als Konflikt in der Beziehung wieder hochkommen.

Aus: John M. Gottmann/Julie Schwartz Gottmann: "Acht Gespräche, die jedes Paar führen sollte."


Statt Du-Sätzen („DU bringst den Müll nie runter.“) mit Ich-Botschaften die eigenen Emotionen und Bedürfnisse ausdrücken („Ich bin wütend, weil ich jedes Mal den Müll herunterbringen muss. Ich wünsche mir, dass wir uns die Arbeiten im Haushalt teilen. Dazu gehört auch das Herunterbringen des Mülls.“). Wenn etwas unklar ist, nachfragen und sagen, dass man dies oder jenes nicht richtig verstanden hat: „Das habe ich nicht richtig verstanden. Kannst du mir das nochmal erklären?“

Ich-Botschaften statt Du-Sätzen

Bei Meinungsverschiedenheiten nicht endlos Vorwürfe über den Partner schütten. Dies ruft nur Widerstand, Abwehrhaltung und Unverständnis hervor. Beide Partner holen daraufhin alte Verletzungen hervor und werfen sie sich gegenseitig vor. Bis keiner mehr weiß, womit der Streit überhaupt angefangen hat.

Paar haben sich nichts mehr zu sagen nach Streit

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Wer spricht, benennt seine Gefühle und beschreibt die eigene Sichtweise. Wer zuhört, gibt kein Feedback und lässt den anderen ausreden, bevor die eigene Sichtweise beschrieben wird. Dabei die Worte angemessen wählen und einen passenden Tonfall benutzen. Schreien, zynische Bemerkungen oder Augenrollen sind bei einer achtsamen Kommunikation mit dem Partner fehl am Platz.

Achtsame Kommunikation

Welche Gefühle sind bei der Auseinandersetzung hochgekommen? Beide Partner schauen auf den eigenen Anteil, der den Streit ausgelöst hat, und überlegen sich, wie zukünftig damit umgegangen werden soll, um einen weiteren Streit zu verhindern. Ziel ist es, gegenseitiges Verständnis füreinander zu haben. Wenn etwas zu viel wird, tief Luft holen und ausatmend bis zehn zählen, oder für einen kurzen Moment den Raum verlassen, um sich wieder zu fangen. Der Fokus sollte dabei immer auf einer Lösung der Situation liegen, nicht auf der Schuldzuweisung.


Achtsame Streitkultur in der Partnerschaft:

  1. Der Ton macht die Musik - nicht aggressiv oder beleidigend werden.
  2. Ich-Botschaften benutzen: Dabei Gefühle und Bedürfnisse äußern.
  3. Beim Thema bleiben. Keine Nebenschauplätze eröffnen.
  4. Das Gegenüber ausreden lassen und aktiv zuhören.
  5. Eigene Schwächen und Fehler zugeben. Wenn es angebracht ist, sich entschuldigen.
  6. Versuchen das Gegenüber zu verstehen. Ein Perspektivwechsel hilft eine Sache aus einer anderen Sicht zu sehen.
  7. Ehrlich und wertschätzend bleiben.
  8. Falls die Emotionen hoch kochen, das Streitgespräch verschieben. So bleibt Zeit, wieder einen kühlen Kopf zu bekommen.

Aus: Monika A. Pohl: "Zweisamkeit. Achtsam und verbunden als Paar."


Nicht jedes Problem, das zu einer Meinungsverschiedenheit führt, hat eine Lösung. Der Psychologe Gottmann nennt diese Probleme, bei denen sich bei Paaren immer wieder ein Streit entzündet, „ewige Probleme“. Die „ewigen Probleme“ entspringen zumeist aus der Verschiedenheit der Partner und der Lebensgeschichte. Es ist für die Partner besser, diese Streitpunkte als gegeben anzunehmen und damit umzugehen zu lernen. Das Akzeptieren der „ewigen Probleme“ bringt dem Paar mehr als sich weiter in der Streitspirale zu drehen. Zu den „ewigen Problemen“ zählen, z.B. Ordentlichkeit, Pünktlichkeit, Verlässlichkeit, Emotionalität oder Geselligkeit.

"Ewige Probleme" akzeptieren lernen

Wer einen Fehler begangen hat, sollte sich entschuldigen. Niemand gibt gerne einen Fehler zu, denn es ist nicht einfach, die Scham zu überwinden oder seinen Stolz zu besiegen. Abes es lohnt sich: Einen Fehler einzugestehen, ist der erste Schritt, um sich selbst weiterzuentwickeln, was auch der Partnerschaft zugutekommt.

Zettel mit Sorry auf Tisch

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Andererseits ist Verzeihen auch nicht einfach. Große Vertrauensbrüche kann man nicht so leicht hinter sich lassen. Trotzdem ist es wichtig, seinen Frieden mit Verletzungen zu schließen, um Wunden heilen zu lassen und wieder aufeinander zugehen zu können.

Zeit als Paar verbringen

Partnerschaft braucht gemeinsame Räume und Zeiten, in denen sich die Beziehung entfalten kann. Zusammen verbrachte Zeit schafft Bindung und stärkt den Zusammenhalt. Gerade Eltern brauchen ihre Freiräume, um auch als Paar Zeit verbringen zu können. Als im Alltag eingespanntes Paar sollte man sich einmal die Woche Zeit für die Partnerschaft nehmen. Das kann ein Gespräch über Träume und Sehnsüchte sein, ein gemeinsamer Spaziergang, ein Abend beim Lieblingsitaliener oder eine Nacht für ungestörte Zweisamkeit.

Paar am See in Abendlicht

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Im Alltag erhalten kleine Gesten die Liebe: Der Notizzettel mit einem Herz am Kühlschrank oder der Kuss, bevor man das Haus verlässt oder man sich wiedersieht. Kleine Gesten schaffen Vertrauen und Verlässlichkeit.


Quellen:
John M. Gottmann, Julie Schwartz Gottmann: Acht Gespräche, die jedes Paar führen sollte...damit die Liebe lebendig bleibt. Ullstein, 2022.
Monika A. Pohl: Zweisamkeit. Achtsam und verbunden als Paar. Trias, 2018.
Titelbild: © Kelly Sikkema/Unsplash