Chancen und Teilhabe für Familien

Frau und Kinder auf Sofa

Werden Familien nach ihren Bedürfnissen und Wünschen gefragt, stehen die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, passende Betreuungsangebote sowie mehr Zeit für die Familie ganz oben auf der Liste. Bei einem Teil der Familien kommen zusätzliche Erfordernisse dazu: der Zugang zu Bildungs- und Teilhabeangeboten oder eine mögliche staatliche Unterstützung.

Viele Eltern empfinden, dass die Anforderungen an die Elternschaft gestiegen sind. Die Erziehung wird im Allgemeinen als schwieriger wahrgenommen. Auch die Erwartungen an die eigene Elternrolle haben sich verändert. Immer mehr Väter gehen in Elternzeit und wünschen sich mehr Zeit mit der Familie zu verbringen. Mütter jonglieren mit Familie, Haushalt und Job und sind oft an der Grenze zur Überforderung. Dazu kommen bei vielen Familien finanzielle Sorgen und die Angst um die Existenzsicherung. In dieser Vielfalt der Herausforderungen brauchen Eltern Orientierung und Unterstützung.

In Deutschland leben ca. 11,9 Millionen Familien mit Kindern. Die Familienvielfalt ist so bunt wie das Leben selbst: Es gibt Patchworkfamilien, Ein-Eltern-Familien, Regenbogenfamilien, Pflege- und Adoptivfamilien, Familien mit Migrationshintergrund, Groß- und Kernfamilien. Die sogenannte Kernfamilie aus Vater, Mutter, Kind ist noch immer die häufigste Familienform.

Familie im Wandel

In den letzten Jahrzehnten hat sich das Bild der Familie gewandelt. Die Familienformen sind vielfältiger geworden. Das bedeutet aber nicht, dass die Familie in der Krise steckt oder sogar verschwindet. Nur die Formen der Familie ändern sich. Familie bleibt dennoch Familie. Mit allen Problemen und Herausforderungen, die der Familienalltag mit sich bringt.

Mann und Frau Arme verschränkt zur Hälfte

© Gerd Altmann/Pixabay

Auch die Rollenbilder von Vater und Mutter haben sich geändert. Im Vergleich zu früher sind viel mehr Mütter berufstätig und mehr Väter beteiligen sich stärker an der Kinderbetreuung und an der Familienarbeit. Der Wunsch der Väter, mehr Zeit mit den Kindern zu verbringen, ist groß. Doch zeigt sich anhand der Daten zur Inanspruchnahme der Elternzeit, dass die häusliche Kinderbetreuung immer noch von Müttern übernommen wird. Der Anteil der Väter in Elternzeit lag im Jahr 2022 bei 1,9 %. Zudem wird meistens nur die Mindestzeit von 2 Monaten in Anspruch genommen.

Viele wünschen sich eine reale Aufteilung der Sorgearbeit. Nach wie vor erledigen Frauen einen Großteil der Kinderbetreuung und -erziehung und der häuslichen Tätigkeiten, während sie gleichzeitig in Vollzeit- oder Teilzeitjobs für den Familienunterhalt mitsorgen. Die Berufstätigkeit der Mütter steigt statistisch gesehen mit dem Alter der Kinder und dem Grad der Schulbildung.

Im Krisenmodus

In den letzten Jahren haben besonders Familien unter den verschiedenen Krisen gelitten. Dies hat nicht nur Auswirkungen auf die Familienfinanzen, sondern auch auf den Zusammenhalt und die Krisenfähigkeit von Familien. Insbesondere armutsgefährdete Familien sind hiervon betroffen.

Mutter mit Maske hält ihr Baby im Arm

© marcinjozwiak/Pixabay

Auch ohne Krisenmodus steht das Elternsein vor vielen Herausforderungen. Sei es die Verantwortung der Kindererziehung, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, die Kinderbetreuung oder der Umgang mit der Digitalisierung – das Elternsein ist anspruchsvoller geworden. Eltern sind heute darauf angewiesen, sich gut abzusprechen und den Alltag gut zu organisieren.

Armutsgefährdung

Im Jahr 2022 war knapp jede oder jeder Vierte (24,0 %) unter 18-Jährige in Deutschland von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedroht. (destatis.de) Das sind etwa 2,2 Millionen Kinder und Jugendliche. Hierbei sind besonders Kinder aus Ein-Kind-Familien, Mehrkindfamilien und Familien mit einem niedrigen Einkommen betroffen.

Elternschaft bedeutet in schwächeren sozialen Schichten oft Verzicht. Es besteht ein Mangel in verschiedenen Bereichen: die Wohnung ist beengt und guter Wohnraum schwer zu finden, die Bildungschancen sind geringer, die Gesundheit ist anfälliger, die Arbeit niedriger bezahlt oder es gibt keine Arbeit, der Zugang zu digitalen Medien ist erschwert und das Wohnumfeld ist nicht familienfreundlich und Ärzte und öffentliche Einrichtungen schwer erreichbar.

Familien mit einem niedrigen Einkommen brauchen eine ausreichende soziale Absicherung, die nicht nur der reinen Existenzsicherung dient, sondern auch Chancen und Teilhabemöglichkeiten bietet. Darüber hinaus sollten die Beantragung und der Bezug von staatlichen Leistungen mit weniger Bürokratismus verbunden sein.

Kinderzuschlag

Der Kinderzuschlag ist eine Leistung für Familien mit kleinem Einkommen. Den Kinderzuschlag können Eltern nur bekommen, wenn sie genug für sich selbst verdienen, aber das Einkommen nicht oder nur knapp für ihre gesamte Familie reicht. Ob und in welcher Höhe der KiZ gezahlt wird, hängt von mehreren Faktoren ab – vor allem vom eigenen Einkommen, den Wohnkosten, der Größe der Familie und dem Alter der Kinder. Mit dem KiZ-Lotse können Sie ermitteln, ob Sie Anspruch auf Kinderzuschlag haben. Dies geschieht auf Basis Ihrer persönlichen Daten.

Frühe Hilfen

Um Kindern eine gesunde Entwicklung und ein gewaltfreies Aufwachsen zu ermöglichen, unterstützen die Frühen Hilfen Eltern und werdende Eltern bei Beziehungs- und Erziehungsfragen. Organisiert sind die Frühen Hilfen in lokalen Netzwerken, in denen Kinder- und Jugendhilfe, Ärzt*innen, Schwangerschafts- und Erziehungsberatungen sowie Frühförderung zusammenarbeiten. In den lokalen Netzwerken arbeiten die Fachkräfte eng zusammen.

Frau Laura Rockenfeller vom Jugendamt Neuwied ist die Netzwerkkoordinatorin für das Netzwerk Kindeswohl und Frühe Hilfen im Kreis Neuwied, Tel. 02631-803-465, laura.rockenfeller@kreis-neuwied.de.

Gute Betreuungsmöglichkeiten

Familien brauchen ein soziales Netzwerk, das ihre Erziehungskompetenz unterstützt und Institutionen, die ihre Kinder fördern. Dafür sind gute Betreuungsmöglichkeiten in Kindertagesstätten und Schulen unerlässlich. Obwohl es einen Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz gibt, sind oftmals nicht genügend Plätze vorhanden. Nicht umsonst beschäftigen sich viele Eltern bereits bei der Geburt des Kindes mit der Suche nach einem Kitaplatz. Ausreichende Betreuungsmöglichkeiten in Schule und Kita sind außerdem die Voraussetzung dafür, dass Eltern ihre Vorstellungen von Erwerbstätigkeit und Familie verwirklichen können.

Kind schneidet Papier mit Schere in Kindergarten

© Natalie Bond/Pexels

Kinder und Jugendliche dürfen bei der Bildung aufgrund ihrer sozialen Herkunft nicht benachteiligt werden. Schulen müssen sich dafür einsetzen, dass alle Kinder und Jugendlichen die gleichen Lernchancen bekommen. Die Antragstellung für das Bildungspaket sollte weniger bürokratisch, am besten digital, sein.

Im Kreis Neuwied werden drei Grundschulen durch das Diakonische Werk in Neuwied betreut. An allen Grundschulen werden feste Präsenzzeiten angeboten. Die Schulsozialarbeiter:innen sind Ansprechpartner für Kinder, Eltern und die Lehrenden. Die Kontaktaufnahme kann persönlich vor Ort folgen oder in Abwesenheit über einen Briefkasten. Zudem können sich die Eltern auch immer telefonisch mit den Schulsozialarbeitenden in Verbindung setzen und Termine vereinbaren.

Holzbachtalschule in Puderbach: Andrea Krause-Geiger 02631 39 22 54

Grundschule „In der Au“ Raubach und Märkerwaldgrundschule Urbach: Gerrit Becker 02631 39 22 53

Arbeit

Die zeitlichen Anforderungen für viele berufliche Tätigkeiten hat sich erhöht. Die Pandemie hat gezeigt, dass andere Arbeitskonzepte, wie z.B. HomeOffice und flexible Arbeitszeiten, möglich sind. Aber auch in anderen Berufsfeldern, die Anwesenheit oder Schichtdienst erfordern, braucht es familienorientierte Arbeitskonzepte. Voraussetzung dafür sind Arbeitgeber:innen, die bereit sind Arbeitszeiten familienfreundlich zu gestalten. Gerade Arbeitskräfte mit Familienerfahrung sind wertvolle Mitarbeiter:innen, die über Flexibilität, Belastbarkeit und Verantwortungsbereitschaft verfügen.

© Anrita/Pixabay

Erwerbsarbeit muss finanzielle Sicherheit bedeuten. Familien mit zwei Gehältern sollten davon leben können und nicht auf staatliche Leistungen zurückgreifen müssen, um die Existenz der Familie zu sichern. Viele wünschen sich zudem eine reale Aufteilung der Sorgearbeit. Nach wie vor erledigen Frauen einen Großteil der Kinderbetreuung und -erziehung und der häuslichen Tätigkeiten, während sie gleichzeitig in Vollzeit- oder Teilzeitjobs für den Familienunterhalt mitsorgen.

Beauftragte für Chancengleichheit am Arbeitsmarkt - Agentur für Arbeit Neuwied
Frau Wiebke Birk-Engel
Tel. 02631-891 560
neuwied.bca@arbeitsagentur.de

Beauftragte für Chancengleichheit am Arbeitsmarkt - Jobcenter Landkreis Neuwied
Heike Pfeifer
Tel. 02631-9411 825
heike.pfeifer@jobcenter-ge.de

Familienfreundlichkeit

Nach einer Studie des SINUS-Instituts von 2023 schätzen 44% der Eltern Deutschland als ein familienfreundliches Land ein. Je geringer das Einkommen und die Bildung sind, desto weniger wird Deutschland als familienfreundlich bewertet. Arbeitsmarkt, Wohnungsmarkt und berufliche Entwicklung sind Bereiche gesellschaftlicher Teilhabe, in denen Familien mit Kindern erschwerten Zugang erleben.

Das Leben mit Kindern wird als deutliche finanzielle und zeitliche Mehrbelastung angesehen, das aber auch mit vielen positiven Eigenschaften wie Glück, Fürsorge, Schutz und Unterstützung verbunden wird. Die Familienpolitik muss sich dafür einsetzen, die Lebensqualität von Eltern und Kindern in allen Lebensbereichen zu verbessern. Dabei muss sie auf die individuellen Bedürfnisse der Familien eingehen.

Mehr Zeit für die Familie

Ganz oben auf der Wunschliste von Eltern steht der Wunsch nach mehr Zeit mit der Familie. Familienzeit ist ein begrenztes Gut. Die Erwachsenen sind beruflich eingespannt, die Kinder gehen in den Kindergarten und in die Schule. Dazu kommen die Freizeitaktivitäten aller Familienmitglieder: Fußballtraining, Schwimmunterricht, Joggen oder ehrenamtliche Tätigkeiten. Als Familie gemeinsam Zeit zu verbringen, bedeutet auch den Familienzusammenhalt zu festigen.

Familie auf Waldweg

© Vidal Balielo Jr./Pexels

Um Familien die Möglichkeit zu geben, diesen Wunsch zu erfüllen, braucht es neben geeigneten Betreuungsangeboten eine partnerschaftliche Aufteilung der Aufgaben im Familienalltag sowie mehr Flexibilität bei den Arbeitszeiten oder Arbeitskonzepte, die sich an Familien orientieren.

Elternkompetenz fördern

Orientierung und Unterstützung in der Vielfalt der Herausforderungen finden Eltern bei Angeboten der Familienbildung und der Familienberatung. Bei Familienthemen helfen kirchliche Einrichtungen, das Jugendamt, der Kinderschutzbund und der Verein für Alleinerziehende Mütter und Väter e.V. (VAMV) weiter. Die Erziehungs- und Familienberatungsstelle des Diakonischen Werkes in Neuwied ist dazu verpflichtet, Familien zu beraten und ihnen weiterzuhelfen. Auch die Jugendämter bieten Beratung bei Erziehungsfragen, bei Problemen mit dem Unterhalt oder bei Konflikten in der Familie an. Bei Problemen können Sie sich gerne auch an ihre Ortsgemeinde, die Verwaltung oder Ämter wenden.

Das Haus der Familie Puderbach ist als Ort der Begegnung gedacht und steht für alle Generationen offen. Besonders für Familienbelange haben die Mitarbeiter*innen immer ein offenes Ohr.

Einen Überblick über alle staatlichen Unterstützungsangebote für Familien gibt es auf dem Familienportal des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend: Mit dem „Infotool Familie“ des Bundesfamilienministeriums können Sie in wenigen Schritten ermitteln, auf welche Familienleistungen und -hilfen Sie oder Ihre Familie voraussichtlich Anspruch haben.


Quellen:
bmfsfj.de
Input "Was Familien brauchen" von Dr. Wilhelm Haumann, Institut für Demoskopie Allensbach - Fachtagung "Familienbildung heute + morgen - Trends, Bedarfe und Perspektiven" (04. November 2021), Servicestelle Netzwerk Familien stärken.
"Was Familien brauchen", EKD
Was heißt hier familienfreundlich? Vorstellungen und Erwartungen von (potenziellen) Eltern auf: www.familien-in-niedersachsen.de (14. März 2023)

Titelbild: © Alexander Dummer/Unsplash