Die Schuldnerberatung unterstützt in den letzten Monaten immer mehr Menschen, die die Krisen der vergangenen Jahre noch meistern konnten. Doch jetzt stoßen sie an ihre Grenzen – vermehrt auch Menschen, die ein eigenes Arbeitseinkommen haben und vorher keine Schuldnerberatung benötigten. Um dieser Problematik ein Gesicht zu geben, haben wir eine Ausstellung „Zwischen Mut und Verzweiflung“ erarbeitet, die vom 27.03.2023 bis 06.04.2023 im Diakonischen Werk gezeigt wird. Die Eröffnung am 27.03.2023 ist um 10.30 Uhr; ansonsten kann die Ausstellung zu unseren üblichen Öffnungszeiten besucht werden.
Erst Corona, dann die steigenden Preise für Energie und Lebensmittel: Anfangs konnte der kaufmännische Mitarbeiter seine Schulden noch begleichen. Doch die letzte Rate war zu viel. Wegen der hohen Kosten für das alltägliche Leben konnte er die 350 Euro für die letzte Rechnung nicht aufbringen und suchte Rat bei unseren Schuldnerberaterinnen. "Die finanziellen Nöte sind in der Mitte der Gesellschaft angekommen", berichtet Frau Binz. "Die Ängste sind groß. Durch die Pandemie haben viele Familien ihr Erspartes aufgebraucht."

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Entsprechend ist auch die Beratungsnachfrage gestiegen. "Aufgrund der großen Nachfrage brauchen die betroffenen Menschen Durchhaltevermögen, um einen Termin für ein erstes Gespräch mit unseren Beraterinnen zu erhalten. Das zur Verfügung stehende Beratungsangebot hält der Nachfrage kaum stand", weiß Frau Binz.
In Rheinland-Pfalz – so das Ergebnis einer repräsentativen Umfrage – ist die Nachfrage um 65 Prozent gestiegen. Die Beratungsstellen müssen verstärkt bei Energie- und Mietschulden, bei der Pfändung von Staatshilfen oder bei der Budgetberatung unterstützen. Klar ist aber: Die explodierende Nachfrage bringt unsere Beratungsstellen ans Limit.
In 45 Prozent der Beratungsstellen waren unter den Ratsuchenden mehr Erwerbstätige als in der vorigen Umfrage. Zu den bisher typischen Gründen für Schulden wie Arbeitslosigkeit, Trennung oder langfristiges Niedrigeinkommen, gibt es nun mit den gestiegenen Energiekosten eine neue Überschuldungsproblematik. "Die Menschen werden mit deutlich weniger Geld auskommen müssen als bisher, da die Gehälter und Renten nicht in dem Maße steigen, wie die Kosten", betont die Schuldnerberaterin.