Nachhaltigkeit im Familienalltag

Titelbild Nachhaltigkeit im Familienalltag

Unser Alltag ist voller Plastik: die Zahnbürste, die Verpackungen im Supermarkt, selbst ein Flugzeug ist zur Hälfte aus Kunststoff. Ein vielseitiges Material, das aber ein großes Problem mit sich bringt. Denn den meisten Kunststoff brauchen wir nur einmal, danach landet dieser im Müll. Es geht nicht darum, von einen auf den anderen Tag den Familienalltag plastikfrei zu gestalten. Vielmehr sind es kleine Schritte, die nach und nach aus alten Gewohnheiten heraus zu einem nachhaltigeren Alltag führen.

Der Beginn sind kleine, aber wirksame Maßnahmen: der bewusste Verbrauch von Ressourcen, wiederverwertbare Produkte und weniger Müllverbrauch. Das geht überall - zu Hause, im Alltag, in der Schule und draußen in der Natur. Kinder lernen dabei frühzeitig den Wert von Nachhaltigkeit und entwickeln ein Umweltbewusstsein, das sie ein Leben lang begleiten wird.


Der Weg zur Wegwerfgesellschaft

Im Jahr 2021 hat die Menschheit 391 Millionen Tonnen Kunststoff hergestellt. 21 Millionen Tonnen davon allein in Deutschland. Und auch beim Verpackungsmüll ist Deutschland leider ganz vorne mit dabei: In Deutschland fielen 2020 insgesamt 18,8 Millionen Tonnen Verpackungsabfall an. Das sind pro Kopf 225,8 Kilogramm.

Das war nicht immer so. Vor 120 Jahren gab es noch kein Plastik. Alltaggegenstände bestanden aus Holz, Metall oder anderen Materialien. Schon kurz nach der Erfindung von Kunststoff Anfang des 20. Jahrhunderts gab es immer mehr Produkte aus Plastik. Zudem wurden in den folgenden Jahrzehnten weitere Kunststoffe entwickelt. So gehörten Plastikprodukte ab den 1950er Jahren fest zum Alltag einer Familie. Doch die Kehrseite sollte sich bald zeigen. Denn die Menschheit entwickelte sich zu einer Wegwerfgesellschaft.

Leere PET-Flaschen

© Julita/Pixabay

Woraus besteht Plastik eigentlich? Der Ausgangstoff von Plastik ist meistens Erdöl. Erdöl ist ein endlicher Stoff, d.h. er steht nicht für immer zur Verfügung. Entstanden ist das Erdöl durch tote Kleinstlebewesen und Pflanzen, die in den Urzeit-Meeren zu Boden gesunken sind. Darüber lagerten sich luftdichte Schichten aus Sand und Steinen ab.

Einmal benutzt, weg damit

Beim Einkauf sammelt sich schnell ein Haufen Verpackungsmüll an. Nur einmal benutzt, landen die Verpackungen im Müll. Leider wird nur ein Teil der Verpackungen wieder recycelt. Das liegt auch daran, dass Verpackungen oftmals aus verschiedenen Kunststoffen bestehen. Ein Material lässt sich aber am besten recyceln, je weniger Materialien miteinander verarbeitet sind. Dies nennt man auch Sortenreinheit. Besteht diese nicht, muss der Müll verbrannt werden, wodurch mehr CO2 in die Atmosphäre gelangt. Dies trägt zum Treibhauseffekt bei. Die Erde hitzt sich weiter auf.

Aber es gibt noch ein weiteres Problem. Gerade in ärmeren Ländern landet der Verpackungsmüll auf Mülldeponien oder auf der Straße. Durch den Wind und über das Grundwasser gelangt der Plastikmüll über kurz oder lang ins Meer. Auch beim Waschen von Kleidung aus Kunststoff lösen sich Fasern ab und finden über das Abwasser ihren Weg ins Meer. Der Urlaub am Meer ist schön - doch Millionen Menschen achten nicht auf ihren Abfall und lassen ihn einfach am Strand liegen.

Grafik Fische und Plastik im Meer

© RosyBadHomburgGermany/Pixabay

Laut Schätzungen sollen bereits rund 150 Milliarden Kilogramm Plastikmüll in den Ozeanen treiben. Es kann gut sein, dass 2050 gemessen am Gewicht mehr Plastik in den Ozeanen schwimmt als Fische. Der Zerfallsprozess von Plastik setzt gefährliche Chemikalien frei, die zum Klimawandel beitragen. Warum aber sind die Ozeane so wichtig? Die Ozeane regulieren unser Wetter und reinigen die Luft. Außerdem versorgen sie uns Menschen mit Sauerstoff und speichern CO2 als Gas ab. Können die Ozeane nicht mehr richtig "arbeiten", hat dies Auswirkungen auf unser Wetter.

Kleine Veränderungen, große Wirkung

Wir alle können versuchen, im Alltag weniger Plastik zu verbrauchen. Denn auch kleine Veränderungen haben eine große Wirkung. Seitdem zum Beispiel Plastiktüten im Supermarkt Geld kosten, ist der Pro-Kopf-Verbrauch um 60 % zurückgegangen. Durch das Plastiktüten-Verbot von 2022 konnte der Gebrauch noch weiter verringert werden. Jeder Einzelne kann also etwas bewirken. Für den Familienalltag ist es wichtig, dass sich die Veränderungen gut integrieren lassen. Lieber langsam und gezielt Neuerungen umsetzen, dafür aber langfristig, als sich zu viel vorzunehmen und am Ende das Handtuch zu werfen.

Glasflaschen in Beutel

© Polina Tankilevitch/Pexels

Zu mehr Nachhaltigkeit im Familienleben kann jedes Familienmitglied etwas beitragen. Startet mit einer Strichliste, auf der aufgeschrieben wird, wie oft Müllbeutel zur Mülltonne gebracht werden. Damit kann zunächst der eigene Müllverbrauch bestimmt werden. Ein nächster Schritt ist die Frage, ob alles richtig getrennt wird. Eine Tabelle zur Mülltrennung, die am Kühlschrank aufgehangen wird, hilft dabei, für den Müll die richtige Mülltonne zu finden. So kommt der Alu-Deckel eines Joghurts in die graue Tonne und der Joghurtbecher in die gelbe Tonne (im Kreis Neuwied: die grüne Tonne). Wie bereits erwähnt: je weniger Materialien miteinander verarbeitet sind, desto leichter lässt sich der Kunststoff recyceln.

Informationen zum Thema Mülltrennung gibt es auf Mülltrennung wirkt!.


Namen und Codes von Plastik Verbraucherschutz Hessen

Anhand der Kennzeichnungen auf Produkten ist es möglich zu sehen, welcher Kunststoff sich im Produkt befindet. Die dreieckigen Recycling-Codes verraten uns, welcher Kunststoff verwendet wurde. (© Verbraucherschutz Hessen)


Wir als Verbraucher haben die Möglichkeit schneller auf plastikfreie Alternativen umzusteigen. Auf diese Weise wird zum einen die Plastik vermieden, zum anderen die Nachfrage nach plastikfreien Produkten erhöht. Natürlich gibt es kein 100 % plastikfreies Leben, aber jeder kleine Schritt in diese Richtung macht dem verschwenderischen Umgang mit Plastik ein Ende. Fortschritte sind zudem am immer kleiner werdenden Müllbeutel gut erkennbar.

Was wir tun können

Beim Einkauf:

  • statt Plastiktüten Stofftaschen benutzen: am besten in der Jackentasche, im Auto und in der Handtasche immer eine Tasche bereit haben; Stoffbeutel können auch für den Einkauf beim Bäcker genutzt werden
  • unverpacktes Gemüse/Obst kaufen und zum Abwiegen/Transport wiederverwertbare Netze/Beutel nutzen
  • auf mehrfach verpackte Sachen/aufwendige Verpackungen verzichten sowie keine Mini-Portionen kaufen
  • so weit möglich Produkte in Gläsern, z.B. Joghurt, kaufen: die Gläser lassen sich nachher zur Aufbewahrung nutzen, außerdem eignen sie sich prima zum Einfrieren von Essensresten
  • regional und saisonal einkaufen: die Transportwege sind kürzer, weswegen die Verpackung kleiner ausfällt
  • für die Frischetheke eigene Schalen oder Behälter mitbringen: Der Behälter kann auf die Theke gestellt werden. Das Fleisch, die Wurst oder der Käse wird hineingelegt und man macht den Deckel zu.
Einkaufsnetz mit Handy Recyclingsymbol

© ready made/Pexels

In der Küche und beim Kochen:

  • selbst kochen und auf Fertiggerichte verzichten
  • Wocheneinkäufe planen und Vorräte anlegen, dabei bewusst einkaufen
  • Vorhandenes aufbrauchen, Resteessen einfrieren (z.B. in Gläsern mit Schraubverschluss)
  • Leitungswasser statt Mineralwasser aus PET-Flaschen zu trinken: Die Wasserqualität in Deutschland ist gut. Außerdem ist das Wasser aus dem Hahn günstiger. Wer Mineralwasser mag, kann Mehrwegflaschen aus Glas nutzen oder sich einen Sprudelmacher kaufen.
  • auf Frischhaltefolie verzichten: ein Teller auf der Schüssel oder ein Bienenwachstuch tun es auch (Anleitung für Bienenwachstuch bei www.torftrottel.at)
  • im Frühjahr und Sommer eigenes Gemüse oder Kräuter anbauen (Gärtnern mit Kindern)
  • Kochutensilien nach und nach mit Alternativen aus Holz, Edelstahl oder Keramik ersetzen; diese gebraucht kaufen; alte Plastiksachen nicht wegwerfen, sondern weiterverschenken oder an Sozialkaufhäuser spenden
  • Topfreiniger aus Plastik austauschen gegen solche aus Kokosfasern, Sisal oder Metall; Baumwolllappen zum Spülen nutzen (Küchenschwamm aus Stoffresten nähen von smarticular.net)
  • Servietten aus Stoff nutzen
  • für den Biomüll kleinen Eimer mit Deckel gebrauchen, der mit Zeitungspapier oder Papiermülltüten aus Recyclingtüten bestückt wird (Mülltüte aus Zeitungspapier basteln von smarticular.net)
  • Trinkhalme aus Papier, Glas oder Edelstahl benutzen
  • kein Wegwerfgeschirr benutzen
Nachhaltige Badprodukte

© Vlada Karpovich/Pexels

Im Bad:

  • statt Shampoo, Duschgel und Flüssigseife in Plastikverpackungen ein Stück Seife, Haarseife, festes Shampoo und festes Duschgel benutzen
  • Zahnbürste aus Bambus (Bambus ist ein nachwachsender Rohstoff) nutzen, Zahnpasta gibt es auch in Tablettenform, in Gläsern oder als Zahnputzpulver
  • wiederverwendbare Wattepads/Abschminkpads nutzen (Anleitung zum Häkeln von Abschminkpads von utopia.de)
  • Taschentücher aus Stoff: der gute alte Klassiker kehrt zurück; als Alternative: recycelte Taschentücher aus Pappspenderbox

Im Kleiderschrank:

  • kleine Risse in der Kleidung nähen/reparieren: zum Reparatur-Café gehen; das Reparatur Café "Nadel und Faden" findet jeden 4. Freitag im Monat im Haus der Familie Puderbach statt
  • Second-Hand-Kleidung kaufen/verkaufen und somit zur Kreislaufwirtschaft beitragen
  • Kleidung aus Naturmaterialien kaufen
Nadel und Faden

© Céline Martin/Pixabay

In der Schule und im Büro:

  • Brotdose nutzen: am besten aus Metall, da das Material sehr langlebig ist
  • wiederverwendbare Trinkflasche, To-Go-Becher benutzen
  • statt Marker aus Plastik Buntstifte nutzen
  • wenn das Lineal, der Spitzer oder die Schere kaputtgehen, Ersatz aus Metall oder Holz benutzen, z.B. gebraucht kaufen
  • Hefter, Heftstreifen, Heftumschläge und Klarsichthüllen gibt es mittlerweile auch aus Papier
  • statt Kugelschreibern aus Plastik einen Kugelschreiber zum Nachfüllen benutzen

Zum Geburtstag und an Weihnachten:

  • Geschenke selbst basteln
  • Geschenke in Zeitungspapier, Stoff oder Recyclingpapier einpacken; Stoffbeutel nähen ( Anleitung zum Nähen eines Stoffbeutels von DIY mit Manu), Geschenktüten vom letzten Jahr wieder benutzen
  • Weihnachtsbaum aus Stöcken basteln oder Weihnachtbaum im Topf nutzen
  • Baumschmuck selbst basteln
  • mit Washi-Tapes lässt sich das Geschenkpapier zukleben, Kordel ist auch eine gute Lösung

Infos zum Thema Nachhaltigkeit:

BUND - Bund für Umwelt und Naturschaft
Bundesumweltministerium für Kids
NAJU - Naturschutzjugend des Naturschutzbundes NABU
WWF Jugend

Literaturquellen:
Dorey, Martin u. Tim Wesson: Umweltheld in 2 Minuten. Dressler, 2020.
Kienle, Dela: Plastik? Probier's mal ohne! Carlsen, 2019.
Schaab, Sylvia: Es geht auch OHNE Plastik. Goldmann: 2. Auflage 2019.
Schüler, Charlotte: Einfach plastikfrei leben. Südwest,  2. Auflage 2019.
Smarticular.net: Plastik-Sparbuch, 2019.


Titelbild: © Anna Shvets, © Lisa Fotios, © Taryn Elliott