Spielen ist gesund! – Kinder spielerisch fördern

Zwei Jungen in Spieltunnel lachend

Neben Schlafen, Essen und Trinken ist das Spielen die Hauptbeschäftigung eines Kindes. Durch das Spielen sammeln Kinder grundlegende Erfahrungen und fangen schrittweise an, die Umwelt um sich herum kennenzulernen und zu begreifen. Außerdem „trainiert“ Spielen das Gehirn: Es wird beobachtet, reagiert, gefühlt, getastet und versucht, Eindrücke in Sprache zu verwandeln.

Spielen: Training für das Gehirn

Laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) benötigen Kinder das Spielen nicht nur für eine gesunde körperliche Entwicklung, sondern auch für ihr seelisches Wohlbefinden. Dabei sollte ein Kind weder unter- noch überfordert werden. Im Monatsthema gehen wir folgenden Fragen auf den Grund: Welche Fähigkeiten entwickelt ein Kind durch Spiele? Welche Spiele eignen sich für Babys, für Kleinkinder und Schulkinder? Wie kann die Eltern-Kind-Bindung durch Spielen gefördert werden? Wie kann das Spielen "unterstützt" werden?

Warum sich mit dem Thema "Spielen" beschäftigen?

Manche werden sich jetzt vielleicht fragen, warum sich mit dem Thema "Spielen" auseinandersetzen. Das ist es eben, was Kinder am liebsten machen. Das Baby greift nach den Fingern der Erwachsenen und strampelt mit den Beinen, das Kleinkind spielt mit Bauklötzen und verkauft Lebensmittel im Kaufladen, das Schulkind läuft mit seinen Freunden in der Pause über den Schulhof. Aber hinter all diesen Spielen steckt viel mehr: Denn durch das Spielen lernt das Kind Stück für Stück seine Umwelt kennen.

Mutter und Baby

© Pixabay

Die Finger eines anderen Menschen , die es ertastet, sagen dem Baby, da ist jemand, der für mich sorgt und auf mich aufpasst. Es erfährt Nähe, Fürsorge und Sicherheit. Durch das Strampeln mit den Beinen wird sich das Baby seines Körpers bewusst. Mit dem Aufeinanderstapeln der Bauklötze wird die Feinmotorik trainiert, das Rollenspiel im Kaufladen erinnert an alltägliche Situationen, die das Kind nachspielt. Im gemeinsamen Spiel auf dem Pausenhof tritt das Schulkind in Beziehung zu anderen Kindern. Es lernt sich an Regeln zu halten, Streit zu schlichten oder sich durchzusetzen. Von dieser Seite aus betrachtet, zeigt sich, dass das Spielen ein wichtiger Bestandteil für eine gesunde Entwicklung des Kindes ist.

Welche Fähigkeiten entwickelt ein Kind durch Spielen?

Mädchen mit Gummistiefeln auf Baumstamm

© Rudy and Peter Skitterians/Pixabay

Die Antwort ist ganz einfach: Alle Fähigkeiten, die es in seinem Leben braucht. Neben Sprachfähigkeit, emotionalen und sozialen Fähigkeiten, Körperbewusstsein, Grob- und Feinmotorik entwickeln sich u.a. das räumliche Gedächtnis, Kreativität und Fantasie, Wahrnehmungsfähigkeiten wie das Sehen, Hören, Tasten, Gefühle und vor allem das Ich-Bewusstsein und die eigene Persönlichkeit.

Wie genau sich wann welche Fähigkeiten entwickeln, lässt sich grob am Alter festmachen. Jedes Kind braucht für einen Entwicklungsschritt seine eigene Zeit. Während das eine Kind schon krabbelt, fängt das andere später damit an. Dafür hat es vielleicht beim Sitzen schneller den Dreh herausgehabt.

Das erste Lebensjahr

Im ersten Lebensjahr machen Babys eine rasante Entwicklung durch. Besonders die Bindung zu den Eltern oder anderen Bezugspersonen bildet sich nun heraus. Dadurch dass der Wahrnehmungsraum eines Babys noch stark eingeschränkt ist, braucht es immer wieder der Versicherung, da ist jemand, der sich kümmert. Dies geschieht durch Berührungen, Blickkontakt und Ansprache des Babys. Damit vermitteln die Eltern Sicherheit und Trost.

Bindung fördert Selbstvertrauen

Dieses Schutzgefühl, die Eltern sind in der Nähe, fördert das Selbstvertrauen des Babys. Denn neben der Bindung an die Eltern regt sich auch das Bedürfnis die Welt zu erforschen. In den ersten Monaten geschieht dies vor allem mit dem Mund. Es wird gesaugt, gelutscht, die Zunge rausgestreckt und mit der Spucke Bläschen gebildet. Ab dem 2. Monat wird mit den Beinen und Armen gestrampelt. Jetzt erlernt das Baby den spielerischen Umgang mit seinem Körper. Die Stimme wird erprobt und aktiv auf Gegenstände im näheren Umfeld reagiert.

Kind bekommt vorgelesen

© Lina Kivaka/Pexels

Die ersten Spiele hängen mit dem Tastsinn und dem Greifreflex zusammen. Das Baby ertastet Finger und Gesicht der Bezugsperson. Der enge Körperkontakt, der dabei entsteht, festigt wiederum die Bindung zwischen Eltern und Baby. Auch das Beobachten und Wahrnehmen ist für das Baby ein Spiel. Wenn das Baby sitzen kann, alleine oder mit Hilfe, erweitert sich der Blickwinkel auf die Umwelt wieder ein bisschen mehr. Gerade zu dieser Zeit lieben es Babys, bei den alltäglichen Arbeiten der Eltern mit dabei zu sein. Das Baby sitzt oder liegt auf einer Decke am Boden und hat die Möglichkeit, beim z.B. Kochen zuzuschauen.

 

Neugierde und Erkundungsdrang

Fängt ein Kind erst einmal an zu krabbeln und sich hochzuziehen, weitet sich der Erkundungsbereich immer mehr aus. Die ganze Wohnung wird zum Forschungs- und Spielobjekt. Zum Leidwesen der Eltern, die alles absichern müssen. Auf der anderen Seite können interessante Gegenstände (damit ist natürlich nicht die Steckdose gemeint!) dazu benutzt werden, das Krabbeln beim Kind zu fördern. Der Gegenstand sollte etwas weiter weg liegen, aber noch so, dass das Kind ihn gut erreichen kann.

Welche Spiele eignen sich für das erste Lebensjahr?

Als frisch gebackene Eltern bekommt man jede Menge Spielzeug geschenkt. Dabei ist nicht jedes Spielzeug wirklich notwendig. In den ersten drei Monaten braucht ein Baby so gut wie kein Spielzeug. Nähe erfahren, beobachten und wahrnehmen, strampeln und kuscheln, dazu schlafen und essen. Damit ist die erste Zeit gut ausgefüllt. Ab dem 3. Monat möchte das Baby auch etwas zu Greifen haben. Dann lohnen sich eine Babyrassel oder ein Beißring, die mit dem Mund, der Zunge oder mit den Fingern ertastet werden können.

Kleine Forscher - großer Welt

Farben und Formen werden ab dem 6. Monat interessant. Zu dieser Zeit beginnt das Kind wie ein kleiner Forscher zu begreifen, dass Gegenstände kleiner oder größer sind, dass es verschiedene Farben gibt, dass sich unterschiedliche Oberflächen anders anfühlen, dass es ein Innen und Außen gibt. Alle diese Erfahrungen werden im Gehirn abgespeichert und trainieren die Motorik und das räumliche Wahrnehmen. Für diese Phase eignen sich besonders Holzspielzeuge, einfache Steckspiele, eine Spieluhr, Stapelwürfel, erste Bilderbücher, Sandspielzeug oder eine Kugelbahn.

Baby entdeckt die Welt

© PublicDomainPictures/Pixabay

Viele Spiele lassen sich in den Alltag einbinden. Beim Windelwechsel dürfen die Füße in den Bauch des Papas drücken, der sich lachend wegdrücken lässt. Wer Wartezeit vor sich hat, kann Krabbelverse und Fingerabzählreime benutzen oder Hoppe, hoppe Reiter spielen. Sich gemeinsam ein Bilderbuch anzuschauen, beruhigt und trainiert die Konzentrationsfähigkeit. Außerdem ist es ein schönes Ritual vor dem Schlafengehen.

Sicheres Erkunden

Ganz wichtig ist es, dass Kinder eine sichere Umgebung haben, in der sie alles erkunden können. Steckdosen sollten genauso abgesichert sein wie Kabel, Schubladen und Türen. Weiter sollte darauf geachtet werden, dass keine Kleinteile herumliegen, die verschluckt werden können, da Babys alles in den Mund nehmen, um es zu untersuchen.

Spiele für das erste Lebensjahr:

  • Blickkontakt suchen
  • kitzeln
  • mit Baby sprechen
  • Geräusche des Babys nachahmen und schauen wie es reagiert
  • anlächeln
  • Wiegespiel: Baby in Decke legen, die Eltern nehmen Deckenenden und wiegen das Baby sanft hin und her
  • Babyschwimmen
  • Krabbeltreff
  • Liegepositionen wechseln
  • durch den Raum wandern und das Baby sich alles genau anschauen lassen
  • erste Bilderbücher
  • bei alltäglichen Aufgaben dabei haben, z. B. im Tragetuch oder auf einer Decke auf dem Boden
  • Schmusen
  • Krabbelverse und Fingerabzählreime
  • Lieder vorsingen
  • einfache Steckspiele
  • erste Bauklötze
  • Töpfe und Pfannen

Kleinkind/Vorschulkind

Vater hilft Sohn beim Laufrad fahren

© Yan Krukow/Pexels

Die meisten Kinder erlernen am Anfang des 2. Lebensjahres das Laufen: Ein bahnbrechender Akt, der dem Kind wiederum eine ganze neue Welt mit Möglichkeiten eröffnet. Zunächst noch wackelig, dann aber immer sicherer geht es auf zwei Beinen in die Welt hinaus. Hüpfen, springen, laufen, klettern und rennen. Wer den Dreh einmal raus hat, ist nicht mehr zu halten. Besonders an Bewegungsspielen wie Toben, Fangen und Verstecken haben Kinder jetzt Spaß, ob drinnen oder draußen, am Spielplatz oder im Wald. Dabei testen sie ihre Grenzen, erfahren, was ihr Körper alles kann, gewinnen Selbstvertrauen in sich selbst und ihre Fähigkeiten.

Beim Rollenspiel im Kaufladen, in der Spielküche oder an der Spielwerkbank werden Eindrücke und Erlebnisse aus dem Alltag spielerisch verarbeitet und nachgeahmt. Jetzt beginnt auch das So-tun-als-ob. Spielsituationen werden vom Kind vorgegeben: Du bist der Vater, ich bin die Mutter und du das Kind. Das Ich-Bewusstsein bildet sich heraus. Es entwickelt sich die Fähigkeit des komplexen Denkens.

Gemeinsames Spielen
Mädchen mit Kuscheltier im Arm schlafend

© Daniela Dimitrova/Pixabay

Neben den Eltern und anderen Bezugspersonen werden nun andere Kinder interessant. Von jetzt an wird nicht nebeneinander hergespielt, sondern zusammen. Ob beim Verstecken, beim Spielen mit Bauklötzen oder als Prinzessin oder Ritter - im gemeinsamen Spiel lernen die Kinder sozial miteinander auszukommen und in andere Rollen zu schlüpfen. Das läuft ganz klar nicht immer ohne Streit ab. Deshalb ist es wichtig, Spielsituationen in diesem Alter noch zu beaufsichtigten. Aber bitte nicht sofort eingreifen: Denn Kinder sollen auch lernen, eigene Strategien zur Problemlösung zu entwickeln.

Wer viel spielt und neugierig die Welt erkundet, braucht genug Zeit für Ruhe und Entspannung. Nach einem ereignisreichen Tag im Kindergarten ist vielleicht erst einmal etwas Kuscheln mit Mama und Papa angesagt. Oder man lauscht gemeinsam mit dem Lieblingskuscheltier im Arm einem Hörspiel. Besonders vor dem Zubettgehen ist Ruhe wichtig. Schließlich müssen die Eindrücke und Erlebnisse des Tages verarbeitet werden. Das Abendritual aus Pyjama anziehen, Zähne putzen, kuscheln, miteinander reden und Gute-Nacht-Geschichte hilft dem Kind zur Ruhe zu kommen.

Spiele für das Kleinkind/Vorschulkind:

  • Malen und Basteln
  • mit Kinderschere Sachen ausschneiden
  • große Holzperlen auf Faden auffädeln
  • im Sandkasten spielen
  • auf dem Spielplatz andere Kinder treffen
  • Puzzle und Memory
  • erste Brettspiele
  • Bilderbücher schauen und vorgelesen bekommen
  • im Haushalt mithelfen
  • Verstecken und Fangen
  • einfache Ballspiele
  • Kinderturnen
  • ins Schwimmbad gehen
  • Freunde aus dem Kindergarten einladen
  • Rollenspiele/Verkleiden
  • Natur erleben
  • klettern
  • balancieren
  • ausgelassen toben lassen
  • kleine Wettbewerbe: Wer kann am weitesten springen? Wer am höchsten hüpfen? etc.

Schulkind

Mit dem ersten Schuljahr beginnt ein neuer Lebensabschnitt mit neuen Herausforderungen für Kind und Eltern. Spielen und Lernen sollte dabei nicht getrennt werden. Trotz Hausaufgaben und längerem Sitzen während der Schulstunde bleibt das Spielen immer noch die wichtigste Tätigkeit des Kindes. Aus diesem Grund brauchen Grundschulkinder viel Bewegung in den Pausen und hier und da auch einmal in der Schulstunde. Denn Bewegung macht den Kopf frei und verbessert die Lern- und Konzentrationsfähigkeit.

Zu wenig Bewegung
Drei Kinder auf Fahrrad

© Sylwia Aptacy/Pixabay

Leider gibt der Alltag immer weniger Anlass zur Bewegung. In der Schule fällt der Sportunterricht aus, der Vereinssport findet einmal die Woche statt - das ist nicht genügend Ausgleich für z.B. das viele Sitzen in der Schule. Dazu kommt, dass viele Kinder nicht schwimmen oder Fahrrad fahren können. Spielen im Wald und Fußball kicken auf der Straße werden zugunsten von Smartphone und Playstation eingetauscht. Dabei helfen Spielen und Bewegung Stress in der Schule und im Alltag abzubauen.

 

 

Zeit zum Austoben

Kinder im Grundschulalter sollten sich täglich anderthalb bis noch mehr Stunden bewegen und austoben. Übrigens Kinder, die sich am Tag austoben, schlafen auch nachts besser. Ausreichender Schlaf ist für heranwachsende Kinder besonders wichtig. Denn nachts regeneriert sich der Körper von den Anstrengungen des Tages. Aus diesem Grund brauchen Kinder mehr Schlaf als Erwachsene.

Spiele für Grundschulkinder:

  • Malen und Basteln
  • Geschicklichkeitsspiele
  • Turnen
  • Theaterspiel/Verkleiden
  • Bewegung an der frischen Luft
  • Vereins- und Teamsport
  • Bauen und Werken
  • Brettspiele
  • Kartenspiele
  • altersgerechte Computer- oder Konsolenspiele
  • Vorlesen und selbst Lesen

Wie kann das Spielen "unterstützt" werden?

Eltern können ihre Kinder spielerisch fördern, indem sie sich ein Bewusstsein dafür schaffen, dass das Spielen ein wichtiger Bestandteil des Lebens ihres Kindes ist. Eltern sollten also für ausreichend Zeit und Raum zum Spielen sorgen - zum Alleinspiel, zusammen mit den Eltern, der Familie oder mit Freunden. Wichtig ist es, auf Spielwünsche des Kindes einzugehen und diesem Aufmerksamkeit zu schenken. Es aber auch nicht zu stören, wenn es gerade tief versunken im Spiel ist.

Interessen fördern
Kind spielt im Kindergarten

© Esi_Grünhagen/Pixabay

Hat ein Kind Interesse an einer bestimmten Sache, z. B. Fahrzeuge, dann kann diese Neugierde unterstützt werden: Durch das Spielen mit Fahrzeugen, Bilderbücher zu dem Thema, Ausmalbilder von Fahrzeugen, dem Besuch einer Baustelle mit großen Fahrzeugen oder dem Basteln eines Autos aus einem Pappkarton. Das Kind wird in kürzester Zeit zum Fahrzeug-Profi werden und die Eltern mit Fragen löchern. Wenn Sie mit ihrem Autowissen nicht mehr weiter wissen, begeben Sie sich gemeinsam mit dem Kind auf Anwortsuche in Büchern oder im Internet. Dies zeigt dem Kind, dass sein Interesse ernstgenommen wird.

Selbstvertrauen und Motivation

Das Rollenspiel und So-tun-als-ob gibt dem Kind ein Verständnis für menschliche Verhaltensweisen und soziale Beziehungen. Es lernt, wie man mit anderen Menschen umgehen sollte, wo es Grenzen gibt, wie man Probleme gemeinsam löst und man sich nach einem Streit wieder versöhnt. Lassen Sie das Kind am Alltag teilhaben, beziehen Sie es in den Familienalltag mit ein, indem es im Haushalt oder beim Kochen hilft. Dies fördert das Selbstvertrauen und die Motivation.

Weiterführende Links:

www.kindergesundheit-info.de - Portal der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung zum Thema Kindergesundheit

Spiele und Übungen für mehr Bewegung im Alltag und auch zur Entspannung gibt es auf der Webseite der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung

www.elternsein.info - Nationaley Zentrum Frühe Hilfen: Ideen für Familien

Literatur:

Grubbauer, Michaela: Spielend lerne ich! Wie Sie ihr Kind spielerisch fördern. Schöningh, 2012.

Walter, Gisela: Die schönsten Spiele für drinnen und draußen. GU, 52010.

Renz-Polster, Herbert u. Gerald Hüther: Wie Kinder heute wachsen. Natur als Entwicklungsraum. Ein neuer Blick auf das kindliche Lernen, Fühlen und Denken.